Punitivität im Vergleich - Punitivités comparées (DE)
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Ein deutsch-französisches Forschungsprojekt
Fabien Jobard (CRNS/Centre Marc Bloch), Kirstin Drenkhahn und Tobias Singelnstein (Ruhr-Universität Bochum), Laurent Bègue und Oulmann Zerhouni (Université Grenoble-Alpes, Laboratoire InterUniversitaire de Psychologie)
Abschlussbericht auf Französisch auf der Webseite der Mission recherche Droit & Justice
Warum Punitivität im Vergleich?
In der Kriminalpolitik werden zur Begründung neuer Initiativen häufig das Sicherheitsbedürfnis und die Einstellungen der Bevölkerung zu Kriminalität und Strafe angeführt. Es wird zudem immer wieder die Annahme geäußert, dass die Bevölkerung die gerichtliche Sanktionspraxis für nicht streng genug und den Umgang der Strafjustiz mit Straftaten und Straftätern nicht immer für nachvollziehbar halte. Das gilt nicht nur für Deutschland, sondern auch international wie z. B. im Nachbarland Frankreich. Ob diese Annahmen zutreffen, ist kaum bzw. im internationalen Vergleich gar nicht erforscht. Das Projekt „Punitivität im Vergleich“, das vom französischen Justizministerium finanziell unterstützt wurde, war daher ein erster Versuch, diese Lücke zu schließen.
Deutschland und Frankreich als Forschungsfelder
Deutschland und Frankreich boten sich hier als Untersuchungsfelder an. Die Länder unterscheiden sich in einigen der in der Forschung diskutierten Einflussfaktoren auf die Punitivität – das Strafbedürfnis – in einer Gesellschaft wie zB die Bedeutung der Boulevardpresse, die ökonomische Lage, die Staatsorganisation und das Wahlsystem und gehören gleichzeitig zum Raum der Freiheit, Sicherheit und des Rechts innerhalb der Europäischen Union, der ein gewisses Maß an Vergleichbarkeit und Homogenität vorsetzt und in dessen Rahmen eben das auch hergestellt werden soll. Damit die Angleichung verschiedener Strafkulturen funktionieren kann, müssen wir sie jedoch zunächst besser verstehen.
Ziele und Methoden des Projekts
Mit dem Projekt sollten nun aber nicht weitere mögliche Einflussfaktoren auf das Strafbedürfnis herausgearbeitet werden. Vielmehr ging es darum, überhaupt erst einmal grundlegende Aussagen über Einstellungen zu Strafe und über das Strafbedürfnis in Deutschland und Frankreich im Vergleich treffen zu können. Dazu wurden deutschen und französischen Richterinnen und Richtern, Staatsanwälten und Staatsanwältinnen sowie repräsentativen nationalen Stichproben der Allgemeinbevölkerung aus beiden Ländern mehrere fiktive Strafrechtsfälle aus dem Bereich der leichten bis mittleren Kriminalität vorgelegt mit der Bitte, aus einem Sanktionskatalog die für diesen Fall beste Reaktion auszuwählen. Diese Fragen wurden ergänzt durch Fragen zu sozio-demographischen Merkmalen und zu Einstellungen zur Kriminalpolitik. Die Befragung lief über eine Internetplattform.
Diese Untersuchung erlaubte sowohl den deutsch-französischen Vergleich auf der Ebene der Rechtsanwender mit Sanktionsgewalt als auch auf der Ebene der Allgemeinbevölkerung. Zudem war ein Vergleich zwischen Rechtsanwendern und Allgemeinbevölkerung innerhalb eines Landes möglich. Damit waren Erkenntnisse zur Punitivität in zwei wichtigen EU-Mitgliedstaaten möglich und damit zur europäischen Strafkultur sowie zur Ausgangsfrage, ob Laien anders sanktionieren würden als Profis.