Die datenschutzrechtliche Praxis fußt auf dem Modell der „informierten Einwilligung“. Wer personenbezogene Daten verwenden will, lässt sich dies fast immer durch die Betroffene legitimieren. Gleichzeitig führen die gesetzlichen Erlaubnistatbestände ein Schattendasein. Das gilt in der modernen Medizin wie überall sonst. Weil die moderne, genetische Medizin besonders datengetrieben ist, kommt der Einwilligungspraxis hier aber eine besondere Bedeutung zu.

Dabei ist in der Verhaltensforschung weitgehend anerkannt, dass die datenschutzrechtliche Einwilligung mehr oder weniger Fiktion ist. Selbst wenn Betroffene dem Schutz ihrer personenbezogenen Daten relevanten Wert beimessen, fehlt es ihnen in der Regel an der Zeit und dem erforderlichen Vorverständnis, um sich mit den an sie gerichteten Einwilligungsdokumenten in gebotener Weise auseinanderzusetzen. Die Folge ist unüberlegtes Klicken oder blindes Unterschreiben.

Mit unserer Studie wollen wir die Diskussion um eine wesentliche Facette erweitern und ein empirisches Argument für die Verwendung gesetzlicher Erlaubnistatbestände liefern. Wir wollen experimentell nachweisen, dass datenschutzrechtliche Einwilligungen nicht nur lästig sind, sondern auch schädlich. Schädlich deswegen, weil die Abfrage datenschutzrechtlicher Einwilligungen andere Entscheidungen der Betroffenen korrumpieren kann.

Auf unser Beispiel gewendet lautet unsere Forschungsfrage: Erhöht die – in der Praxis typische – gleichzeitige Abfrage datenschutzrechtlicher Einwilligungen mit der Einwilligung in eine genetische Untersuchung die Entscheidungskonflikte von Patient:innen bei ihrer Entscheidung über die genetische Untersuchung? Das heißt: Beeinflusst die datenschutzrechtliche Einwilligung die Informiertheit, Klarheit, Sicherheit und Effektivität der Entscheidung über die genetische Untersuchung. Oder positiv gewendet: Führen weniger datenschutzrechtliche Einwilligungen zu besseren medizinischen Entscheidungen?

Time & Location

29 October 2024 | 6:00–7:30 p.m.

In-person & online
Rechtswissenschaften | Boltzmannstraße 3 | Room 4404
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