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Seminarankündigung WS 24/25: "Kolonialismus und Dekolonisierung im Völkerrecht"

News vom 04.07.2024

Kolonialismus und Dekolonisierung im Völkerrecht

Univ.-Prof. Dr. Helmut Philipp Aust

Seminar im WS 2024/2025

Der Kolonialismus wurde vom Völkerrecht nicht verhindert. Vielmehr war das Völkerrecht, historisch lange verstanden als „droit public européen“, ein Instrument für die Errichtung kolonialer Herrschaft. Seit längerem schon wird über die Rolle des Völkerrechts in diesem Kontext diskutiert. Seine zentralen dogmatischen Begriffe und Kategorien waren von großer Bedeutung, um die Ausdehnung europäischer Herrschaft zu begründen, zu rechtfertigen und aufrechtzuerhalten. Zugleich war das Völkerrecht auch für die Prozesse der Dekolonisierung von zentraler Bedeutung. Der Grundsatz der Selbstbestimmung der Völker war Dreh- und Angelpunkt der entsprechenden Entwicklungen. Heute ist nach überwiegender Auffassung der Prozess der Dekolonisierung abgeschlossen. Zugleich wird nach „kolonialen Kontinuitäten im internationalen Recht“ gefragt (so der Titel der Zweijahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Internationales Recht 2023). Das Seminar möchte die historische Praxis des Kolonialismus in ihren völkerrechtlichen Kontexten ebenso behandeln wie die rechtlichen Diskussionen um die Dekolonisierung und ihre bleibende heutige Bedeutung.

Die Veranstaltung wird als Blockseminar am 23./24. Januar 2025 stattfinden. Im Wintersemester werden zudem im Oktober/November zwei bis drei einführende gemeinsame Sitzungen durchgeführt, in denen Grundaspekte des Themas behandelt und die Methoden wissenschaftlichen Arbeitens im Völkerrecht vertieft werden. Das Seminar richtet sich insofern besonders an Studierende, die im akademischen Jahr 2024/2025 den SPB 7 belegen möchten.

Erwartet werden (a) die Anfertigung einer Seminararbeit von 15 bis 20 Seiten Umfang bis zum Abgabedatum am 6.1.2025; (b) die Vorstellung der Arbeit im Blockseminar; (c) die Bereitschaft zur Übernahme von weiteren Impulsreferaten bei vorbereitenden Seminarsitzungen; (d) die Kommentierung einer anderen Seminararbeit im Blockseminar sowie (e) eine aktive Mitarbeit im Seminar.

Eine Vorbesprechung findet am Dienstag, dem 16. Juli von 11 bis 12 Uhr im Raum 2216 statt. Für die Teilnahme an der Vorbesprechung melden Sie sich bitte mit Namen, Matrikelnummer und Semesterzahl bei Frau Oelstrom (sekretariat.aust@rewiss.fu-berlin.de) an. Bitte geben Sie bis zu drei Wunschthemen aus der untenstehenden Themenliste an, die wir versuchen werden, bei der Themenvergabe zu berücksichtigen.

Themen:

1. Theorien des Kolonialismus: Die spanischen Spätscholastiker und die Ursprünge des Völkerrechts (vergeben)

2. Die Dutch East Indian Company und ihr Einfluss auf die Errichtung kolonialer Herrschaft (vergeben)

3. Die Kongokonferenz 1885 in Berlin und die „Aufteilung“ Afrikas (vergeben)

4. Deutsche Kolonialverbrechen im heutigen Namibia: Völkerrechtliche Einordnung und Entschädigungsansprüche im heutigen Völkerrecht (vergeben)

5. Das Mandatssystem des Völkerbunds: ein Schritt zur Dekolonisierung? (vergeben)

6. Ursprünge des Prinzips der Selbstbestimmung der Völker: Ideengeschichte und Staatenpraxis am Ende des Ersten Weltkriegs (vergeben)

7. Gründung der Vereinten Nationen und Selbstbestimmungsrecht der Völker (vergeben)

8. Hoheitsgebiete ohne Selbstregierung (Kapitel XI) und Treuhandsystem (Kapitel XII) nach der UN-Charta: Konzeption, Funktionsweise und Vergleich (vergeben)

9. Die Rolle der UN-Generalversammlung im Kontext der Dekolonisierung (vergeben)

10. Befreiungskriege und humanitäres Völkerrecht (vergeben)

11. Die Bindung neuer unabhängiger Staaten an das Völkergewohnheitsrecht

12. Der Kampf um eine Neue Weltwirtschaftsordnung (vergeben)

13. Die Bekämpfung der Apartheid in Südrhodesien und Südafrika: Normative Grundlagen und institutionelle Praxis der Vereinten Nationen (vergeben)

14. Der umstrittene Status Palästinas: Ein Fall nicht abgeschlossener Dekolonisierung? (vergeben)

15. Indigene Völker als Träger des Selbstbestimmungsrechts der Völker? (vergeben)

16. Postkoloniale Theorien im Völkerrecht (vergeben)

17. Postkoloniale Kritik am Völkerstrafrecht (vergeben)

Stand: 02.09.2024

Einführende Literatur

  • Antony Anghie, Imperialism, Sovereignty and the Making of International Law, Cambridge (CUP) 2005.
  • Jochen von Bernstorff/Philipp Dann (Hrsg.), The Battle for International Law – South-North Perspectives on the Decolonization Era, Oxford (OUP) 2019.
  • James Crawford, The Creation of States in International Law, 2. Aufl., Oxford (OUP) 2006.
  • Philipp Dann/Isabel Feichtner/Jochen von Bernstorff (Hrsg.), (Post)Koloniale Rechtswissenschaft, Tübingen (Mohr Siebeck) 2022.
  • James T. Gathii, Promise of International Law: A Third World View, Proceedings of the American Society of International Law 114 (2020), 165-187.
  • Martti Koskenniemi, To the Uttermost Parts of the Earth – Legal Imagination and International Power, 1300-1870, Cambridge (CUP) 2021, insb. Kap. 2 (“The Political Theology of Ius Gentium)
  • Naz Khatoon Modirzadeh, “Let us All Agree to Die a Little”: TWAIL’s Unfulfilled Promise, Harvard International Law Journal 65 (2023), 79-131.
  • Makau wa Mutua, Savages, Victims, and Saviors: The Metaphor of Human Rights, Harvard International Law Journal 42 (2001), 201-245.
  • Jürgen Osterhammel /Jan C. Jansen, Kolonialismus. Geschichte, Formen, Folgen, 8. Aufl., München (C.H. Beck) 2017.
  • Sundhya Pahuja, Decolonising International Law. Development, Economic Growth and the Politics of Universality, Cambridge (CUP) 2011.
  • Anne Peters/Stephan Hobe/Eva-Maria Kieninger (Hrsg.), Koloniale Kontinuitäten im Internationalen Recht. Berichte der Deutschen Gesellschaft für Internationales Recht, Bd. 52, Heidelberg (C.F. Müller) 2024 [erscheint im Juli/August, https://www.otto-schmidt.de/bucher-loseblattwerke/koloniale-kontinuitaten-im-internationalen-recht-9783811491120, relevant für das Seminar v.a. die Beiträge von Thomas Kleinlein, Andreas Fischer-Lescano und Helmut Philipp Aust]
  • Balakrishnan Rajagopal, International Law from Below. Development, Social Movements and Third World Resistance, Cambridge (CUP) 2003.
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