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Teilnahme am Day of Crisis 2021

Momentaufnahme:

3:28 Uhr am Samstag morgen

Überall auf dem Tisch stehen halbvolle Kaffeetassen, in der Ecke leere Pizzakartons, die Uhr tickt. 5 junge Leute sitzen vor ihren Laptops. Immer wieder wandert der Blick zu Uhr und zu der Liste mit noch ungelösten Problemen.

 Zwei von den fünf Studierenden diskutieren leise miteinander. Hier laufen die Vorbereitungen für ein Meeting am nächsten Morgen um 9 Uhr auf Hochtouren. Als Vertreter von China wird die Kanzlei Keinblatt, Vormund, Litt am nächsten Morgen mit anderen Industrieländern über eine neue Draft Resolution der WHO bezüglich Klimawandel und Pandemien diskutieren. Noch 6 Stunden – dann muss Chinas Standpunkt klar herausgearbeitet und vertretbar argumentiert werden können.

 Aber das ist nicht alles:

In zwei Minuten, Punkt 3:30 muss einen Auftrag einreicht werden. Chinas Präsident Xi Jinping persönlich fordert Stellungnahme und rechtlichen Analyse bezüglich Cyber-Spionage. Zusätzlich sollen Keinblatt, Vormund, Litt ihm eine Rede schreiben – diese wird 2 Minuten vor Abgabe nochmals durchgesprochen, mit ständigem Blick auf die Uhr.

 Gerade noch pünktlich abgegeben, da geht schon eine neue Mail ein. WWF konsultiert die Kanzlei und möchte bis 5 Uhr wissen, ob und gegen welche Internationalen Verträge die USA bezüglich des Wildlebens in Hawaii verstoßen hat...

 

Aber „spulen“ wir mal zurück auf Anfang:

 Vorfreudig stellen wir, das diesjährige Team der FU Berlin beziehungsweise unsere Kanzlei Keinblatt, Vormund, Litt, bestehend aus Alumni der Jessup und Vis Moot Courts am Freitag morgen unsere Legal Skills in Dienste verschiedener Regierungen, internationaler Organisationen oder NGOs. Dank Sondergenehmigung des Veranstalters und negativen Corona-Test dürfen wir während des Wettbewerbs am selben Ort sein. Alles ist vorbereitet: Ein großer Tisch zum gemeinsamen Arbeiten, ein extra Verhandlungstisch für Zoom-Calls während des Wettbewerbs und in der Ecke liegen die Business-Klamotten bereit.

 Ab diesem Moment gehen bei uns beinahe stündliche neue Mails ein. Es geht um Seerecht, Investments, Menschenrechte, Internationale Verantwortung und Umweltschutz. In manchen Themenbereichen bringen wir bereits Vorkenntnisse mit – in den meisten nicht. Umso mehr wird der ganz Tag ein Wettlauf gegen die Zeit und ein Arbeiten unter höchstem Druck. Immer wieder haben wir Verhandlungen über Zoom mit anderen Kanzleien – die anderen Teams –, geben Pressemitteilungen raus und halten Interviews ab. Recht schnell finden wir ein System und teilen Aufgaben untereinander auf, denn ohne Teamwork geht das nicht. Im Verlauf der 24 Stunden entwickelt sich die Krisen immer weiter und es tauchen ständig neue Informationen und Fragen auf. Wir arbeiten diplomatische und juristische Strategien heraus und trotzdem kommt es letztlich vielmehr darauf an, wie wir uns mit den zahlreichen Anfragen auseinandersetzen, Prioritäten setzen und unsere Fähigkeiten in einer begrenzten Zeit einsetzen, um alle Probleme zu bewältigen.

Nach 24 Stunden ohne Schlaf sind alle Probleme gelöst. Im großen Abschlussmeeting verhandeln alle Teams, wir als Chinas Delegation, ein letztes Mal miteinander. Danach gibt es eine Siegerehrung bei den verschiedenen Kategorien gekürt werden. Überraschenderweise haben wir in den Kategorien „best negotiation“ and „best oralist“ den 1. Platz belegt und konnte auch in den Kategorien „best presentation“ und „best team“ den jeweils 3. Platz erlangen. Nach einigen Freudenschreien und Sekt zum Anstoßen ging es dann – endlich – in das wohlverdiente Bett.

 Ausgeschlafen und rückblickend hatten wir in diesen 24 Stunden zwar viel Stress aber noch mehr Spaß. Durch den Zeitdruck haben wir in so vielen Themen kurze aber intensive Einblicke bekommen und sehr viel gelernt. Insbesondere konnten wir unsere Fähigkeiten in Teamwork, Führen von Verhandlungen und gezielter Recherche verbessern. Das alles sind Dinge, die im Jurastudium ansonsten wenig Raum finden. Nicht zuletzt deswegen war der Day of Crisis für uns alle eine lohnende und tolle Erfahrung, die uns lange begleiten wird.