Übungsklausur: Der missglückte Ladendiebstahl

 

A und B wollten ob ihrer geringen Einkommen sich umsonst CDs besorgen. Hierzu planten sie einen Diebstahl mit Umgehung der Sicherungsetiketten und vereinbarten, nicht mit Gewalt vorzugehen. Am nächsten Morgen fuhr B den A mit seinem Pkw zu dem nahe gelegenen Supermarkt S. Vor dessen Eingangsbereich sollte B im Pkw warten, bis A mit möglichst vielen CDs zurückkomme; diese wollten sie verkaufen und den Erlös teilen. A begab sich in die Musik-Abteilung und legte in einem unbeobachteten Moment CDs im Wert von 150 EUR in eine von ihm mitgebrachte Plastiktasche, die er zuvor so präpariert hatte, dass die an den CDs angebrachten elektromagnetischen Sicherungsetiketten beim Passieren der Sicherungsschranke keinen Alarm auslösten. Dieses Knäuel steckte er sich zur Vorsicht noch in die Jackentasche. Beim Verlassen des Kaufhauses wurde er vom Ladendetektiv D angesprochen, der das ganze Geschehen über eine Videokamera beobachtet hatte. A sah, dass er Land gewinnt und rannte aus dem Supermarkt, wobei die Sicherungsetiketten keinen Alarm schlugen. D lief hinter A her. Am Auto des B angekommen, sprang A herein. Als D gerade dabei war, sich entscheidend dem Wagen zu nähern, gab B aus der von ihm – ohne Wissen des A – mitgebrachten Pistole einen ungezielten Schuss in Richtung des D ab, um diesen an der Vereitelung ihrer Flucht zu hindern. Den Tod des D nahm er dabei billigend in Kauf; während A überrascht und wütend auf B ob ihrer Absprache blickte. Die Kugel verfehlte D, der aber wegen der Bewaffnung sofort die Verfolgung abbrach. Obwohl B eine weitere Kugel zur Verfügung gehabt hätte, schoss er nicht, sondern startete den Motor und gab Gas, sodass A und B sicher zu Hause eintrafen, wo sie wenig später wegen des von D gemerkten Autokennzeichens festgenommen werden konnten, da sie mit dem Packen ihrer Koffer – dass D nahe genug gewesen war, um das Autokennzeichen zu lesen, war ihnen nicht entgangen – zu langsam waren.

 

Strafbarkeit von A und B ? Die §§ 123, 223 ff., 240, 249 - 255 StGB sind nicht zu prüfen !

 


Lösung:

A. Strafbarkeit des A

I. §§ 242 I, 243 I Nr.2 StGB

Indem A die CDs in die Plastiktüte legte, kann er sich nach §§ 242 I, 243 I 2 Nr.2 StGB strafbar gemacht haben.

1. Objektiver Tatbestand

Hierzu müsste A die CDs, für ihn fremde, bewegliche Sachen, weggenommen haben. Wegnahme ist der Bruch fremden und die Begründung neuen, nicht notwendigerweise tätereigenen Gewahrsam (vgl. nur Sch/Schr/Eser, StGB, § 242 Rn.22).

a. Gewahrsam ist das von einem Herrschaftswillen getragene, tatsächliche Herrschaftsverhältnis über eine Sache (BGHSt 8, 273 (274 f.); 16, 271 (273)). Dieses ist gebrochen, wenn es gegen den Willen des Gewahrsamsinhabers aufgehoben wird (vgl. Sch/Schr/Eser, StGB, § 242 Rn.35). A hat die CDs in die Plastiktüte und dann seine Jacke gesteckt. Bereits hiermit könnte er ein eigenes Herrschaftsverhältnis begründet und den Ladeninhaber von seiner Sachherrschaft ausgeschlossen, dessen Gewahrsam also gebrochen haben. Zwar befand sich A noch immer im Laden und damit in der grundsätzlichen Gewahrsamssphäre des Ladeninhabers. Fraglich ist aber, ob dieser seinen Gewahrsam noch immer ohne Behinderungen ausüben konnte. Hierfür ist die Verkehrsanschauung maßgeblich. Aus dieser ergibt sich, dass der Inhalt einer Jackentasche zur persönlichen, engen Körpersphäre des A gehört, sodass diesem der Gewahrsam zuzuschreiben ist. Indem A die CDs einsteckte, hat er damit das Gewahrsamsverhältnis des Ladeninhabers zu den CDs zerstört (vgl. zu dieser Problematik BGHSt 16, 271 (273 ff.); 41, 198 (205 f.); speziell zur Anwendung bei Sicherungsetiketten OLG Stuttgart, JR 1985, 385; aA Borsdorff, JR 1989, 4 f.). Dies müsste auch gegen dessen Willen geschehen sein. Hier könnte man argumentieren, dass der Ladendetektiv den gesamten Vorgang gesehen hat und dennoch erst beim Verlassen einschritt, also zunächst ein Einverständnis erteilte. Abgesehen davon, dass D für den Ladeninhaber ein derartiges mangels Verfügungsbefugnis nicht erklären könnte, stellt der Diebstahl kein heimliches Delikt dar (vgl. BGHSt 16, 271 (273 f.); 41, 198 (205)). Das alleinige Beobachten kann mit einem Einverständnis somit nicht gleichgesetzt werden; für letzteres ist mehr erforderlich. Ein Gewahrsamsbruch ist folglich zu bejahen.

b. Mit dem Einstecken der CDs hat A an diesen wie dargelegt eigenen Gewahrsam begründet und diese damit weggenommen.

2. Subjektiver Tatbestand

A handelte vorsätzlich sowie in der Absicht, sich (und B) die CDs zuzueignen.

3. Rechtswidrigkeit und Schuld

Mangels Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründen geschah die Tat rechtswidrig und schuldhaft.

4. Strafe

a. Eingreifen könnte zudem die Strafzumessungsregel des § 243 I 2 Nr.2 StGB, sofern A eine „gegen Wegnahme besonders gesicherte“ Sache weggenommen hätte. Dies könnte man wegen den an den CDs vorhandenen Sicherungsetiketten bejahen. Diese sind dazu geeignet und bestimmt, eine psychologische Hemmschwelle gegen das Stehlen zu errichten. Dieser Umstand macht sie jedoch noch nicht zu Schutzvorrichtungen im Sinne des § 243 I 2 Nr.2 StGB. Sie erschweren den Gewahrsamsbruch jedoch nicht physikalisch, sondern dienen bei Auslösung des Alarms lediglich der Wiedererlangung des bereits an den Täter verlorenen Gewahrsams (OLG Stuttgart, JR 1985, 385; OLG Düsseldorf, NJW 1998, 1002; aA Sch/Schr/Eser, StGB, § 242 Rn. 24). § 243 I 2 Nr.2 StGB ist somit zu verneinen.

b. § 243 I 2 StGB umfasst jedoch nur einen nicht abschließenden Katalog an Regelbeispielen. Selbst wenn die genannten Begehungsweisen nicht einschlägig sind, könnte noch immer ein ungeregelter Fall des besonders schweren Diebstahls vorliegen, sofern mit der Tathandlung vergleichbares erhöhtes Unrecht begangen wurde. Dies kann aufgrund der trickreichen Umgehung des Schutzes durch die Sicherungsetiketten bejaht werden (vgl. OLG Düsseldorf, NJW 1998, 1002).

5. Ergebnis

A hat sich damit nach §§ 242 I, 243 I 1 StGB strafbar gemacht.

 

II. §§ 244 I Nr.1a, 2, 25 II

A könnte sich zudem mit dem Einstecken der CDs aufgrund seiner Verabredung mit dem den Fluchtwagen fahrenden B, der eine Waffe bei sich trug, sich sogar nach §§ 244 I Nr.1a, 2, 25 II StGB strafbar gemacht haben.

1. Objektiver Tatbestand

a. Hierzu müsste A bei der Wegnahme der fremden CDs eine Waffe bei sich geführt haben. Nicht A, sondern B hatte mit seiner Pistole eine Waffe bei sich. Fraglich für eine Bejahung des § 244 I Nr.1a StGB ist somit zuerst, ob diese Waffe auch während der Tat bei sich geführt wurde. Die Waffe ist während der Wegnahmehandlung durch A nicht im Laden und damit nicht in örtlicher Nähe zum Tatort gewesen, sondern erreichte eine Tatnähe erst, nachdem A sich zu B gesellte und es darum ging, die Beute in Sicherheit zu bringen. Die Tat war mit der Wegnahmehandlung im Laden vollendet, mangels sicheren Gewahrsams aber noch nicht beendet. Ob es für § 244 I Nr.1a StGB genügt, wenn die Waffe zwischen Vollendung und Beendigung bei sich geführt wird, ist streitig. Einerseits könnte man darauf abstellen, dass Sinn des § 244 I Nr.1a StGB gerade die besondere Gefährlichkeit des bewaffneten Diebes ist, sodass dieser bei der eigentlichen Wegnahmehandlung die Waffe bei sich führen müsste (Vgl. in diesem Sinne Geppert, Jura 1992, 496 (497); Geppert, Jura 1999, 599 (604); Lackner/Kühl, StGB, § 244 Rn.2). Zum anderen könnte man aber auch annehmen, dass der Schusswaffenbesitz des Diebes gerade auch im Stadium nach der Vollendung eine besondere Gefahr bedeutet, besteht doch gerade in diesem Stadium die erhöhte Einsatzbereitschaft, um die Flucht zu sichern (BGHSt 20, 194). Argumentiert man im zweiten Sinne, wofür aus Opferschutzgesichtspunkten einiges spricht, käme es als zweites darauf an, ob A das Beisichführen durch B zugerechnet werden kann.

Hierzu müssten A und B Mittäter beim Diebstahl gewesen sein, diesen also aufgrund gemeinsamen Tatplans arbeitsteilig durchgeführt haben. Ein gemeinsamer Tatplan lag zwar zugrunde, fraglich ist aber, ob es für ein arbeitsteiliges Vorgehen genügt, dass B den Fluchtwagen fährt, an der eigentlichen Diebstahlshandlung – der Wegnahme – und damit der Tatvollendungsausführung gar nicht beteiligt war. Die Rechtsprechung stellt hierbei subjektiv darauf ab, ob der jeweilige Mittäter seinen Beitrag als Teil des Ganzen erbringen wollte und damit als Mittäter (BGHSt 40, 299 (301); BGH, NStZ 2002, 200 (201); BGH, NStZ-RR 2004, 40 (41)). Dies wäre zu bejahen. Nach der Tatherrschaftslehre kommt es hingegen darauf an, wie eng man das Merkmal der funktionellen Tatherrschaft fasst. Zum einen könnte man sagen, dass nur eine Beteiligung an der Ausführungshandlung eine Herrschaft über die Tat mit sich bringen kann, da nur dann die Tathandlung mitgestaltet werden könnte (LK/Roxin, StGB, § 25 Rn. 181; Roxin, AT II, § 25 Rn. 198; Herzberg, JZ 1991, 856 ff.). Eine derartige Sichtweise würde jedoch nicht nur „einen partiellen Rückfall in die inzwischen überwundene formell-objektive Theorie mit ihren zum Teil unbefriedigenden Ergebnissen“ bedeuten, sondern auch verkennen, dass entsprechend der Tatherrschaft des Alleintäters nicht die Ausführungshandlung, sondern das Tatgeschehen beherrscht werden muss (Weber in Baumann/Weber/Mitsch, AT, § 29 Rn. 83; Sch/Schr/Cramer/Heine, StGB, § 25 Rn. 66; Lackner/Kühl, StGB, § 25 Rn.11). Alleine auf die Handlung selbst kann es daher nicht ankommen, wenngleich das Tatgeschehen mitbeherrscht werden muss. Dieses ist bei einem gemeinsamen Planen, Hinfahren sowie Ermöglichen der Flucht naheliegend.

Letztlich kommt es damit auf beide Streitigkeiten nicht an. Selbst wenn das Beisichführen nach der Vollendung und vor der Beendigung ausreichen und eine Mittäterschaft zum Diebstahl  angenommen würde, so umfasste der gemeinsame Tatplan eine gewaltfreie Tat, sodass das Beisichführen der Waffe einen Mittäterexzeß des B darstellen würde und A damit selbst beim Vorliegen einer Mittäterschaft nicht zugerechnet werden könnte. [Hinzu kommt, dass A freilich auch keinen Vorsatz bezüglich des Beisichführens hatte, wie es erforderlich gewesen wäre.]

b. Zudem könnte A den Diebstahl „als Mitglied einer Bande“ verübt haben (§ 244 I Nr.2 StGB). Dies setzt voraus, dass A und B eine Bande bildeten. Unter einer Bande verstand man bisher eine auf einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Vereinbarung beruhende Verbindung von mindestens zwei Personen, die sich mit dem ernsthaften Willen zusammengeschlossen haben, für eine gewisse Dauer in Zukunft mehrere, selbständige, im Einzelnen noch unbestimmte Taten eines bestimmten Deliktstyps zu begehen (BGHSt 23, 239). Hiergegen spricht aber einerseits der Wortlaut, der von „bandwas“ (Heerscharen) kommt, und zum anderen, dass eine Willensbildung als gruppendynamischer Prozess erst innerhalb einer größeren Gruppe entstehen kann und die Gefährlichkeit einer Bande damit erst bei mehr als zwei Mitgliedern unabhängig vom Aus- oder Hinzutreten einzelner Mitglieder gegeben ist. Zurecht hat der Grosse Strafsenat des BGH  (BGH (GS) 46, 321; zust. Erb, NStZ 2001, 561 ff.; Sowada, GedS Schlüchter, 383 (387 ff.)) die Rechtsprechung insoweit abgeändert, dass nunmehr mindestens drei Personen für eine Bande zu fordern sind. Eine Bande lag damit nicht vor.

2. Ergebnis

Eine Strafbarkeit des A nach §§ 244 I Nr.1a, 2, 25 II StGB scheidet somit aus.

 

III. §§ 246 I StGB

Indem A die CDs an sich nahm und damit den Laden verließ, hat er sich die CDs (zumindest vorübergehend) zugeeignet, was er vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft tat. § 246 I StGB tritt jedoch aufgrund der Subsidiaritätsklausel hinter § 242 I  StGB zurück.

 

IV. §§ 212 I, 211, 22, 25 II StGB

Aufgrund des Mittäterexzesses des B durch das Mitführen und Einsetzen der Waffe scheidet zudem die Zurechnung eines möglichen Mordversuchs durch B aus.

 

V. Ergebnis

A hat sich damit nach §§ 242 I, 243 I 1 StGB strafbar gemacht.

 

B. Strafbarkeit des B

I. §§ 242 I, 243 I 1, 25 II StGB

Indem A entsprechend der Verabredung mit B die CDs einsteckt und B das Fluchtfahrzeug fährt, kann B sich nach §§ 242 I, 243 I 1, 25 II StGB strafbar gemacht haben.

1. Objektiver Tatbestand

Hierzu müsste B eine fremde, bewegliche Sache weggenommen haben. Derartiges tat A, sodass die Handlung B über § 25 II StGB zugerechnet werden müsste. Hierfür ist erforderlich, dass beide Mittäter des Diebstahls waren, insbesondere B mit dem Fahren des Fluchtfahrzeugs eine funktionelle Tatherrschaft innehatte. Eine derartige Funktion müsste man ihm maßgeblich bereits für das Hinbefördern und damit eine wesentliche Vorbereitungshandlung sowie für das gemeinsame Planen zusprechen, erfolgt das Fahren des Fluchtfahrzeugs doch erst nach der Vollendung und vor der Beendigung und damit zu einer Zeit, die im Strafgesetz nicht näher bestimmt ist (vgl. Art. 103 II GG). Mit dem Planen und Befördern hat B die Tat wesentlich mit vorbereitet und damit einen Einfluss auf die Tat genommen, der bis zur Tatausführung fortdauerte und ihm eine Gestaltungsmacht über das zur Tatbestandsverwirklichung führende Tatgeschehen zukommen ließ. Die Wegnahmehandlung des A kann B somit nach § 25 II StGB zugerechnet werden.

2. Subjektiver Tatbestand

B handelte vorsätzlich sowie mit Tatherrschaftsbewusstsein und der Absicht, sich sowie A dies Sachen rechtswidrig zuzueignen.

3. Rechtswidrigkeit und Schuld

Die Tat geschah rechtswidrig und schuldhaft.

4. Ergebnis

Insoweit A und B die Tat gemeinsam geplant hatten, ist die Begehungsweise der Tat im Sinne des § 243 I 1 StGB von Plan und Vorsatz des B umfasst.

5. Ergebnis

B hat sich somit nach §§ 242 I, 243 I 1 StGB strafbar gemacht.

 

II. §§ 244 I Nr.1a, 25 II StGB

Indem A die CDs nach gemeinsamem Plan mit B an sich nahm und B eine Pistole bei sich trug, kann er sich nach §§ 244 I nr.1a, 25 II StGB strafbar gemacht haben. Hierzu müsste er beim Diebstahl eine Waffe bei sich geführt haben. Insoweit die Diebstahlshandlung dem B über § 25 II StGB zugerechnet wird, kommt es nun auf den Streit an, ob das Beisichführen zwischen Voll- und Beendigung ausreicht. Hierfür spricht zwar eine auch in diesem Stadium zutage tretende Gefährlichkeit des Täters. Dagegen spricht jedoch, dass der Begriff der Beendigung im Gesetz nicht genannt und so zu unbestimmt ist (Art. 103 II GG), um hiermit die Strafbarkeit zu erweitern. Eine Strafbarkeit nach §§ 244 I Nr.1a, 25 II StGB scheidet somit aus.

 

III. § 212 I, 211, 22 StGB

Indem B auf D geschossen hat, diesen aber verfehlte, kann er sich eines versuchten Mordes (§§ 212 I, 211, 22 StGB), der nach §§ 12 I, 23 I StGB strafbar ist, schuldig gemacht haben.

1. Tatentschluss

Hierzu müsste A zunächst Tatentschluss, also Vorsatz bezüglich der Tötung sowie eines Mordmerkmals gehabt haben. Vorsatz bedeutet das Wissen um die Elemente des objektiven Tatbestandes sowie den Willen, diesen zu verwirklichen.

a. Einen Menschen töten im Sinne dolus directus zweiten Grades wollte B zwar nicht, er nahm den Tod des D aber billigend in Kauf und handelte damit mit Eventualvorsatz bezüglich der Tötung eines Menschen.

b. Zudem könnte B habgierig gehandelt haben. Unter Habgier versteht man ein Gewinnstreben um jeden Preis, selbst um den eines Menschenlebens (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, § 211 Rn.8). Hier ging es B darum, A und letztlich ihm selbst die Beute des Diebstahls zu sichern. Die gefährdete Beute war ihm also wichtiger als ein Menschenleben, sodass eine Tötung aus Habgier zu bejahen ist.

c. Zudem könnte B mit Verdeckungsabsicht gehandelt haben. Eine Verdeckungsabsicht ist zwar nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Tat bereits entdeckt ist, würde es doch genügen, die eigene Täterschaft zu verbergen. So war D bereits nahe genug, um sein Kennzeichen zu lesen, und damit seine Beteiligung aufzudecken. Dies wollte B verhindern als er schoss, sodass eine Verdeckungsabsicht angenommen werden kann, insoweit nicht gesagt ist, dass die Beteiligung des B bereits anderweitig aufgedeckt worden sei.

2. Unmittelbares Ansetzen

Mit dem Schießen hat B bereits unmittelbar zur Tat angesetzt.

3. Rechtswidrigkeit und Schuld

Mangels Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründen geschah die Tat rechtswidrig und schuldhaft.

4. Rücktritt

B kann aber durch das Absehen weiterer Schüsse von der Tat nach § 24 StGB strafbefreiend zurückgetreten sein.

a. Hierzu dürfte der Versuch zunächst noch nicht fehlgeschlagen sein. Ein Versuch ist fehlgeschlagen, wenn der Täter nach seiner Sicht mit dem ihm zur Verfügung stehenden Mitteln den tatbestandlichen Erfolg nicht mehr oder jedenfalls nicht ohne zeitliche Zäsur herbeiführen kann (BGHSt 34, 53 (56 f.); BGH, NStZ-RR 1997, 260 (261)). Stellt man auf den einzelnen Schuss ab, so ist der hiermit erfolgte Versuch fehlgeschlagen und ein Rücktritt nicht mehr möglich (sog. Einzelaktstheorie; vgl. Jakobs, JuS 1980, 714 (716 ff.)). Stellt man jedoch aus Opferschutzgesichtspunkten zurecht auf eine Gesamtbetrachtung des Handlungsgeschehens ab (so BGHSt 34, 53 (57); Kühl, AT, § 16 Rn. 33; Roxin, JR 1986, 424 (425f.)), so ist der erste Schuss und die sich anschließende Möglichkeit eines Vollendens der Tat zu einer natürlichen Handlungseinheit zusammenzufassen. Als B bemerkte, dass der Schuss nicht getroffen hatte, hätte er weiter auf D schießen und ihn töten können. Der Versuch war damit noch nicht fehlgeschlagen.

b. Insoweit B erkannt hatte, dass er daneben geschossen hatte, ging er davon aus, noch nicht alles zur Tatvollendung Erforderliche getan zu haben, lag also ein unbeendeter Versuch vor. Nach § 24 I 1 Var.1 StGB kommt B damit in den Genuss des Rücktritts, wenn er die weitere Ausführung der Tat aufgegeben hat. Fraglich ist aber, ob er noch eine Tat aufgeben konnte. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der „Tat“- Begriff im Sinne des § 11 I Nr.5 StGB zu verstehen wäre, als rechtswidrige Straftat. Berücksichtigt man dagegen, dass es das primäre Ziel des B war, den D an der weiteren Verfolgung und Fluchtbehinderung zu stören, so könnte „Tat“ diese Fluchtbehinderung darstellen. Dies hat er mit dem Schuss erreicht, da D sofort die weitere Verfolgung abbrach, sodass B dieser Ansicht nach  keine Tat mehr aufgeben könnte (sog. Erreichen eines außertatbestandlichen Zieles). Neben dem Umstand, dass nichts dafür ersichtlich ist, den Tatbegriff im Gegensatz zu anderen Deliktstatbeständen außertatbestandlich zu interpretieren, spricht der Opferschutz dafür, dem Täter noch eine Rücktrittsmöglichkeit einzuräumen, damit er nicht wegen der bereits vorhandenen Strafbarkeit die Tat aus Gleichgültigkeit noch vollendet (so zurecht BGH (GS) 39, 221 (231 f.); zu dieser Problematik Wessels/Beulke, AT, Rn. 634). Es spricht damit mehr dafür, als Tat den Mord zu interpretieren. Deren Verwirklichung hat B aufgegeben.

c. Dies geschah endgültig sowie aufgrund autonomer Motive freiwillig.

5. Ergebnis

B hat sich damit nicht nach §§ 212 I, 211, 22 StGB strafbar gemacht.

 

IV. Ergebnis

B hat sich damit (aufgrund der hier zu prüfenden Vorschriften) nach §§ 242 I, 243 I 1, 25 II StGB strafbar gemacht.

[Wem dieses Ergebnis gegen sein Gerechtigkeitsgefühl geht, dem sei gesagt, dass B sich zudem mit dem Schuss nach §§ 252, 250 II Nr.1, 3a StGB (Freiheitsstrafe nicht unter 5 Jahren !) sowie § 240 StGB, der aber hierhinter zurücktritt, strafbar gemacht hat.]