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Als die Opfer zu Tätern wurden

coverentwurf_blockland

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Helmut Dachale / Carsten Momsen

Als die Opfer zu Tätern wurden. Eine Tragödie aus deutscher Nachkriegszeit

Eine reale Geschichte von Verbrechen, Vergeltung und Vergebung, narrativ dokumentiert und analysiert. Ein Buchprojekt von Helmut Dachale (Journalist) und Prof. Dr. Carsten Momsen (FU Berlin).

November 1945: Was als Raubüberfall begann, endete als Massaker. Zwölf Menschen wurden auf einem Bremer Bauernhof erschossen, darunter fünf Kinder. Ein Verbrechen, das schon allein durch seine Brutalität herausragt aus der deutschen Nachkriegsgeschichte. Neun ehemalige Zwangsarbeiter wurden umgehend verhaftet und schnell verurteilt, vier zum Tode. Waren Opfer des NS-Regimes zu Tätern geworden? War das ebenso furchtbare wie blindwütige Geschehen nur zu erklären, wenn das vorherige Unrecht von Deportation und Zwangsarbeit nicht verschwiegen wurde? Dieser Auffassung war zum Beispiel die seinerzeit in Deutschland sozial engagierte Sue Ryder, eine Britin. „In dem chaotischen Nachwehen des Krieges“, so ihr Statement, hätten einige der Befreiten Taten verübt, „die sie in normalen Zeiten, in ihrer gebürtigen Umgebung, nie verübt hätten“. Heute nahezu eine banale Wahrheit, damals als Anmaßung abgetan. Mehr als 20 Jahre später machte der Fall bundesweit Schlagzeilen: Drei der Verurteilten saßen immer noch im Zuchthaus – obwohl sie längst begnadigt waren. Doch wesentliche Fragen blieben weiterhin unbeantwortet, Widersprüche unaufgeklärt. Dachale und Momsen geben Antworten, indem es sie Hintergründe aufhellen und bisher nicht bekannte Verbindungen herstellen.

Teil 1 des Buches (Das Verbrechen): Der Tathergang und seine Vorgeschichte, die polizeiliche Ermittlungsarbeit und das juristische Verfahren. Geschildert wird die Zeit zwischen Kapitulation und Neubeginn, in der die Unversöhnlichkeit hoch im Kurs stand, althergebracht Ressentiments noch vorhanden waren. So bizarr manches anmutet, drängen sich doch aktuelle Bezüge auf.

Teil 2 (Vergeltung und Vergebung): Hinrichtung der vier zum Tode Verurteilten innerhalb weniger Monate – trotz Gnadengesuche und der Fürbitte von Wilhelm Hamelmann. Er war das 13. Opfer, als einziger hatte er den Überfall schwerverletzt überlebt. Jahre später setzte Hamelmann sich auch für die Freilassung der noch Inhaftierten ein. Was trieb ihn an? Warum wurde drei begnadigten Gefangenen noch jahrelang die Freiheit verwehrt?

Teil 3 (Plädoyer für die Vergessenen): Hier nimmt der Strafrechtler Carsten Momsen die Rolle eines Verteidigers der beschuldigten Tatverdächtigen ein. Ausgehend von heutigen Standards deutscher wie US-amerikanischer Rechtsprechung, befasst er sich mit dem damaligen Prozess, den Beweisen und Nichtbeweisen sowie mit dem sich über Jahrzehnte hinziehenden Begnadigungs-Prozedere.