Projekte
Konstellationen zwischen Literatur und Recht in der spanischen Aufklärung (Drittmittelprojekt der DFG)
Das interdisziplinäre, von Prof. Czeguhn und Prof. Tschilschke (Universität Münster) geleitete Projekt beschäftigt sich mit der Interferenz von Literatur und Recht in der Epoche der spanischen Aufklärung.
Es geht von der Feststellung aus, dass die bedeutendsten Repräsentanten der spanischen Aufklärungsbewegung, darunter auffällig viele Juristen und Schriftsteller in Personalunion, davon überzeugt waren, dass die Reform der spanischen Gesellschaft bei einer grundlegenden Revision ihres Rechtssystems ansetzen müsse. Diese Überzeugung, die sich auf die Rationalität des Rechts und die Idee des Fortschritts berief und daher unvermeidlich in ein Spannungsverhältnis zum Machtanspruch der absolutistischen Monarchie geriet, durchzieht sowohl die schöpferische Literatur und die an ein breiteres Publikum gerichtete Gebrauchsliteratur als auch den sich unter Rechtsgelehrten entwickelnden juristischen Fachdiskurs.
Das Projekt konzentriert sich dabei auf zwei besonders aussagekräftige Konstellationen, die aufgrund ihrer zeitlichen und inhaltlichen Verzahnung in enger Beziehung zueinander stehen. In theoretisch-methodischer Hinsicht stützt sich das Projekt auf die Grundannahmen und die sich gegenseitig ergänzenden Verfahren der soziologischen Systemtheorie, der Historischen Diskursanalyse und der Poetologie des Wissens. Das erste Arbeitsfeld deckt die Periode des Despotismo ilustrado unter Karl III. (1759–1788) ab und richtet sich auf das wichtigste Reformvorhaben im 18. Jahrhundert überhaupt: die Theorie und Praxis der Agrarreform. Analysiert wird hier der vielschichtige, bisher kaum untersuchte Zusammenhang zwischen der schöpferischen Literatur, dem theoretischen Schrifttum zur Agrarfrage und einschlägigen politisch-praktischen Maßnahmen: Gesetzgebung, Gerichtsverfahren, Siedlungsprojekte, Eigentums- und besitzrechtliche Fragen. Das zweite Arbeitsfeld, die Verfassungskultur und ihr Diskurs, bezieht sich auf die in einer Vielzahl von Textsorten geführte Diskussion um die erste demokratische spanische Verfassung von Cádiz (1812) vor dem Hintergrund der Besatzung durch die Franzosen und des Unabhängigkeitskriegs von 1808–1814. Hier sollen die Rechte der Frau als gleichberechtigte Akteurin in rechtspolitischen Fragen sowie das Problem der sozialen und politischen Un-/Gleichheit im Mittelpunkt stehen.
Mit Blick auf das gesamte Forschungsvorhaben soll die übergeordnete These überprüft werden, dass sich unter dem Einfluss naturrechtlicher Vorstellungen, der Zurückdrängung bzw. Fortdauer christlich-theologischer Begründungen, der Ausbreitung kulturrelativistischen Denkens, aber auch der sich abzeichnenden Krise der Ständegesellschaft und der absolutistischen Staatsform das Verhältnis von Gleichheit und Ungleichheit zu einer Leitdifferenz bei der Beurteilung gesellschaftlicher Fragen entwickelt. Durch den Fokus auf die Schnittstelle von Literatur und Recht verspricht das Projekt, eine neue Sicht auf den zentralen Ansatz des aufklärerischen Reformstrebens in Spanien zu eröffnen.
Europäische Höchstgerichtsbarkeit
Im Rahmen des Projekts Europäische Höchstgerichtsbarkeit steht die Entwicklung der Höchstgerichte in einzelnen europäischen Staaten im Mittelpunkt. Dabei erstreckt sich das Projekt zeitlich vom Hochmittelalter bis heute. Mittelpunkt ist dabei eine vergleichende Betrachtung der Entwicklung höchstrichterlicher Organe.
Weitere Informationen zu dem Projekt finden Sie auf der Homepage der Gesellschaft der Reichskammergerichtsforschung e.V.
Netlaw
Das fächerübergreifende Pilotprojekt Netlaw zielt auf die Ergänzung der Einführungsvorlesungen Bürgerliches Recht, Strafrecht und Öffentliches Recht mit jeweiligen E-Learning-Angeboten in Form eines dialogorientierten Szenarios.
Ergänzend zur Präsenzvorlesung werden Lerneinheiten für Blackboard erstellt, bestehend aus Lernhilfen (insbesondere Übersichten) sowie interaktiven Übungen (Lückentexte, Multiple-Choice-Fragen). Zusätzlich erläutern Mitarbeiter den Studierenden im Rahmen des gruppenbasierten Coachings Fälle und Musterlösungen, damit die Studierenden Anschauungsmaterialien zur schriftlichen Subsumtion erhalten. Netlaw ermöglicht Studierenden, das für Klausuren relevante Lösen von Fällen mit einer gewissen zeitlichen und örtlichen Flexibilität zielorientiert einzuüben.
Abgeschlossene Projekte
Die Berliner Justizverwaltung nach 1945 - sachliche und personelle Kontinuitäten zur NS-Justiz
Die NS-Vergangenheit von Ministerien und Behörden beschäftigt die historische Forschung derzeit in besonderem Maße. Beginnend mit dem Auswärtigen Amt haben in den letzten Jahren zahlreiche Bundesministerien und Bundesbehörden, zuletzt das Bundeskanzleramt, Historikerkommissionen eingesetzt, um die personellen und inhaltlichen Kontinuitäten der jeweiligen Institution zu erforschen. Auch in den Ländern beginnen erste Projekte (z.B. Hessen, Hamburg). Ergänzt werden diese institutionenbezogenen Projekte durch Einzeluntersuchungen im Rahmen der universitären Forschung. Im Mittelpunkt steht jeweils die Frage, wie ein demokratischer Rechtsstaat mit einem Personal aufgebaut werden konnte, das zum Teil erheblich in das NS-Regime verstrickt war.
Die Berliner Justizverwaltung eignet sich in besonderer Weise für eine (rechts‑)historische Untersuchung. Neben dem Verhältnis zur NS-Vergangenheit stellt sich in Berlin zusätzlich die Frage, wie sich der in Berlin unmittelbarer als andernorts spürbare Kalte Krieg auf die Berliner Justizverwaltung ausgewirkt hat. Die bundesdeutsche und die Westberliner Justiz waren bevorzugte Ziele der von der DDR betriebenen „Braunbuch“-Kampagnen, welche die Bundesrepublik und den Westteil Berlins politisch und moralisch diskreditieren sollten. Die Vergangenheit des Personals ist deshalb gerade in Berlin von erheblichem vergangenheitspolitischen und historischen Interesse.
Das Projekt wird als Verbundforschungsprojekt zwischen Herrn Prof. Dr. Ignacio Czeguhn (FU Berlin) und Prof. Dr. Jan Thiessen (HU Berlin) durchgeführt. Gefördert wird es durch die Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung des Landes Berlin.
Am 6. Juli 2022 wurde die Website (www.im-nordsternhaus.de) des Forschungsprojektes über die Analyse der Kontinuitäten bzw. Diskontinuitäten von Juristenkarrieren in der Berliner Justizverwaltung im Rahmen einer Pressekonferenz vorgestellt.
Weitere Information zu dem Forschungsprojekt, zu dem im September 2021 im Haus der Wannseekonferenz stattgefundenen Symposium sowie Presseberichte finden Sie unter www.im-nordsternhaus.de.
eurojushist: Forschungsverbund Europäische Justizgeschichte im 19. Jahrhundert.
Der Forschungsverbund untersucht die geschichtliche Entwicklung der 3. Gewalt im 19. Jahrhundert.
Die Entwicklung des Prozessrechts und der gerichtlichen Institutionen in den ehemaligen Rheinbundstaaten geraten dabei genauso in den Blick wie der rechts- und justiztheoretische Diskurs des 19. Jahrhunderts. Untersuchungsgegenstand sind sowohl Biografien des Personals an den Gerichten, als auch die historische Entwicklung der Gerichtsbarkeit und des Prozessrechts, sowie dessen Grundsätze bis zum Erlass des Gerichtsverfassungsgesetzes. Das Projekt ist international angelegt als Verbund von Lehrstühlen aus Deutschland, Spanien, Belgien, Estland und der Schweiz.
Weitere Informationen zu dem Projekt finden Sie hier.
Exzellenzcluster Topoi
Die ersten Jahrhunderte auf der iberischen Halbinsel sind gekennzeichnet von einer kulturellen Vielfalt, die auch die rechtlichen Regelungen anbetrifft. Beginnend mit der Römischen Herrschaft (218 v. Chr. Bis 476 nach Chr.), gefolgt vom Westgotenreich (Toledo 554-711) und der islamischen Invasion finden sich zu allen Zeiten Regelungen über die Verteilung und den Schutz des Wassers, als einem der wichtigen, wenn nicht dem wichtigsten Lebensgut. Insbesondere die Erforschung des islamischen Rechts in Bezug auf die Materie „Wasser“ ist bislang nicht erfolgt. Zunächst soll die Entstehung eines „Wasserrechts“ erforscht werden um anschließend die Fortentwicklung desselben, beeinflusst durch unterschiedliche Rechtskulturen, zu betrachten. Einzelfragen umfassen das Römische Wasserrecht und die römische Kolonisation sowie die Einführung römisch-rechtlicher Strukturen in Bezug auf Wasserwege, das Fortleben des römisch-rechtlichen Modells im Westgotenreich, das Modell der Wassernutzung im Reich Al-Andalus sowie die Schiedsgerichte in Wasserfragen (bis heute in Geltung).