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Bericht über die Vortragsreise von Professorin Möller auf Einladung der Nihon-Univer­sität, Faculty of Law, Tokyo vom 26.9.-6.10.2016

Nihon university tokyo

Nihon university tokyo

News vom 25.11.2016

Die Einladung zu drei Vorträgen reihte sich in eine lange Liste persönlicher Vortragseinladungen für Mitglieder unseres Fachbereichs an die Nihon-Universität Tokyo ein. So sind in den Jahren zuvor die Professoren Seher und Armbrüster, vor einigen Jahren die Professoren Kunig, Hoffmann-Holland, Heintzen und Grothe Gäste der Nihon-Universität gewesen. Der Kontakt ist über lange Zeit von der Seite unseres Fachbereichs aus durch Professor Kunig gepflegt und von japanischer Seite aus seit 1999 durch Professor Nagata mit großem Engagement gefördert worden. Immer wieder haben auch Kollegen aus Tokyo die Gelegenheit zu einem Forschungsaufenthalt an unserem Fachbereich genutzt, wie zur Zeit Professorin Matsushima. Besondere Höhepunkte des wissenschaftlichen Austauschs waren die beiden Tagungen in den Jahren 2006 in Tokyo und 2008 in Berlin, aus denen Publikationen hervorgegangen sind, nämlich die von den Professoren Kunig und Nagata herausgegebenen Bände „Deutschland und Japan im rechtswissenschaftlichen Dialog“ (2006) und „Persönlichkeits­schutz und Eigentumsfreiheit in Japan und Deutschland“ (2009).Vor kurzem hat Professor Seher die weitere Kontaktpflege von unserer Seite aus übernommen. Für 2018 ist eine weitere Tagung in Tokyo geplant.

Es handelt sich bei der Nihon-Universität um eine Ende des 19. Jhs. gegründete private Universität, die zugleich die größte Universität Japans ist. Der Aufenthalt in Tokyo hatte einen offiziellen Rahmen, gesellschaftliche Aspekte und einen klaren wissenschaftlichen Schwer­punkt. Den offiziellen Rahmen bildeten ein Höflichkeitsbesuch beim Präsidenten und ein Willkommensbesuch beim Dekan. Eintragungen in Gästebücher und kleine Ansprachen sind hierbei üblich. Die Kommunikation findet in der jeweiligen Muttersprache mit Hilfe von Übersetzern aus dem Kreis der Professoren statt.

Den wissenschaftlichen Schwerpunkt meines Aufenthalts bildeten drei Vorträge. Am Donnerstag, den 29.9.2016 zu dem Thema „Konzepte der deliktsrechtlichen Haftung im römischen Recht“, am 30.9. betreffend „Die juristische Konstruktion im Werk Rudolf von Jherings (1818-1892) – vom universellen Rechtsalphabet bis zur juristischen Schönheit“ und am Mitt­woch, den 5.10. über „Aktuelle Entwicklungen beim Schutz von Verbrauchern im Kredit­recht, insbesondere zu Sorgfaltspflichten vor Vertragsschluss“. Die Vorträge waren gut be­sucht, zum Teil von über 100 Studierenden. Die Texte waren im Juli übermittelt worden, damit genügend Zeit zum Übersetzen blieb. Immer absatzweise wurde der Vortrag also im engeren Sinne vorgetragen und dann die japanische Übersetzung ergänzt. Als Übersetzer sind die Professoren Yoshihara, Nagata und Masui tätig gewesen. Für alle Besucher der Vorträge lagen die deutschsprachige und eine japanische Fassung der Thesen- und Quellenpapiere mit Gliederung aus, zum Teil sogar der Vortragstext. Die Vorträge wurden mit großem Interesse aufgenommen. Sie sollen in der Zeitschrift Comparative Law der Nihon-Universität zunächst in deutscher und ein Jahr später in japanischer Sprache veröffentlicht werden.

Das Interesse der Studentinnen und Studenten an den genannten rechtshistorischen Themen soll kurz erklärt werden. Im zweiten Studienjahr steht eine Vorlesung zum römischen Recht auf dem Lehrplan, im dritten Studienjahr eine Vorlesung zur europäischen Rechtsgeschichte. So konnten die Vorträge in das Studienprogramm integriert werden. Die inhaltliche Verbin­dung ergibt sich aus einer historischen Entscheidung. Im Zuge der Meiji-Reformen in den 1860er Jahren öffnete sich Japan gegenüber kulturellen Einflüssen aus Europa. Da es keine geschriebene Rechtsordnung gab, wurden Kodifikationen geplant. Japanische Gelehrte reisten in verschiedene Länder Europas, um sich ein Bild von den dort vorhandenen Verfassungen, Gesetzen und Modellen zu verschaffen. Schließlich fiel im Zivilrecht die Entscheidung zu­gunsten der Übernahme großer Teile des BGB. Dadurch ist eine enge Verbindung zur deut­schen Rechtswissenschaft entstanden, die weiter Bestand hat. Das gilt auch mit Blick auf die im nächs­ten Jahr geplante Reform des japanischen BGB. Das Interesse am römischen Recht und an der deutschen Rechtswissenschaft des 19. Jhs. ergibt sich aus der Prägung des deutschen Zivil­rechts durch das römische Recht. Diese Prägung wäre im Übrigen grundsätzlich auch vorhan­den, wenn sich Japan vor 150 Jahren für die Übernahme der französischen Kodifikation entschie­den hätte.

Kurze Zeit nach der Rückkehr von der Reise kam es in Berlin zu einer erneuten Begegnung mit dem Dekan, Professor Ikemura, dem Beauftragten für die Auslandsbeziehungen, Professor Oda, und Mitgliedern der Verwaltung der juristischen Fakultät der Nihon-Universität. Es wurden Perspektiven für die Fortsetzung und Erweiterung des wissenschaftlichen Austauschs besprochen. Die Zusammenarbeit soll in der Phase des Studiums, der Promotionszeit und einer weiteren wissen­schaftlichen Qualifizierung auf verschiedenen Ebenen ausgebaut werden. Die East Asian Graduate School, an der unser Fachbereich durch die Professoren Heintzen und Seher beteiligt ist, bietet für die Promotionsphase besonders günstige Möglichkeiten. Man kann also zuversichtlich und gespannt der Zukunft dieses traditionsreichen Kontakts entgegensehen.

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