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Besuch eines Verhandlungstags im Loveparade-Prozess

11.03.2019

Als eines der größten Verfahren der Nachkriegszeit wird der Loveparade-Prozess auch oft als Mammutprozess bezeichnet. Nach fast vierjähriger Ermittlungsarbeit wurde im Februar 2014 erstmals Anklage vor dem LG Duisburg erhoben, welches allerdings 2016 einen Nichteröffnungsbeschluss erließ. Das OLG Düsseldorf beschloss 2017 nach Beschwerde seitens Staatsanwaltschaft und Nebenkläger die Eröffnung des Hauptverfahrens und verwies dieses zurück an eine andere Strafkammer des LG Duisburg, welches das Hauptverfahren am 08.12.2017 einleitete. Dabei steht die Strafkammer zunehmend unter Zeitdruck, da die Verjährung bereits im Juli 2020 eintritt.

Im Rahmen der Kleingruppenarbeit der Law Clinic wurde es uns ermöglicht, einen Besuch zu dem Prozess zu unternehmen, mit welchem wir uns zuvor intensiv befasst hatten. Unsere Kleingruppe wurde von Rechtsanwalt Dr. Stephan Voigtel betreut, welcher als Verteidiger für einen der zehn Angeklagten des Prozesses fungierte.

Am 26.02.2019 erhielten wir die Möglichkeit, den 104. Verhandlungstag in Düsseldorf selbst mitzuerleben. Der Besuchstag begann frühmorgens mit einem Flug von Berlin nach Düsseldorf, von dessen Flughafen aus wir direkt zum Verhandlungsort fuhren. Der Prozess wird vor dem Landgericht Duisburg verhandelt. Aus Platzgründen findet er jedoch nicht in den Duisburger Räumlichkeiten, sondern in einem Kongresszentrum auf dem Messegelände der Stadt Düsseldorf statt. Zu unserem Erstaunen waren jedoch in dem für circa 300 Zuschauer ausgelegten Saal nicht mehr als 20 Plätze durch Besucher belegt; stattdessen bestand der Großteil der Anwesenden aus Verteidigern und Vertretern der Nebenklage. Dennoch war der Aufwand der Prozessdurchführung beeindruckend. Besonders faszinierend war die Tatsache, dass der jeweils Vernommene frontal von einer Kamera gefilmt und dieses Bild für alle sichtbar auf mehreren Leinwänden projiziert wurde. Zudem ermöglichte diese Methode auch, sämtliche Beweismittel (beispielsweise Karten, Lagepläne und Funkprotokolle) für alle zu visualisieren. Dadurch konnte nach unserer Ansicht eine effektivere Beweiswürdigung im Vergleich zu „gewöhnlichen“ Strafprozessen erreicht werden, weil man dieselbe Perspektive wie das Gericht einnehmen konnte. So war es uns auch möglich, Gestik und Mimik des an diesem Tag vernommenen Zeugen, eines leitenden Bereitschaftspolizisten, der zum Tatzeitpunkt am Ort des Geschehens eingesetzt wurde, sehr genau beobachten.

In der Mittagspause trafen wir uns mit Dr. Voigtel, mit dem wir beim Essen über den Prozess im Allgemeinen und im Speziellen über die Problematiken, die typischerweise mit einem so langen Verfahren einhergehen, sprachen. Dies betraf bei einem über acht Jahre zurückliegenden Ereignis insbesondere Glaubwürdigkeit und Erinnerungsvermögen von Zeugen. Nachdem wir uns in unseren Seminararbeiten und Vorträgen bereits theoretisch mit dem Loveparade-Prozess auseinandergesetzt hatten, war es umso spannender, die Praxis in Form der Verhandlung mitzuerleben und anschließend Herrn Dr. Voigtel noch einige Fragen darüber stellen zu können.

An dieser Stelle bedanken wir uns ganz herzlich bei Prof. Dr. Momsen und Marie Vaudlet für das Ermöglichen dieses spannenden und lehrreichen Tagesausflugs und bei Herrn Dr. Voigtel für die ausgezeichnete Betreuung.

Amira Wördemann

Johanna Bernhardt

Sophie Fleischmann