Sitzung am 14.06.2017: Verteidigung im Ermittlungsverfahren (Franziska Nedelmann, Dr. Peer Stolle)
News vom 14.06.2017
„Stellt euch vor, ihr bekommt einen Anruf: ´Bei mir zu Hause ist die Polizei und durchsucht alles, was soll ich tun?´, wie würdet ihr euch an dieser Stelle als Strafverteidiger verhalten?“
Eine gute Frage von Frau Nedelmann und Herrn Stolle, beide Strafverteidiger in Berlin. In Gruppen konnten wir uns zunächst darüber austauschen, welche Informationen auf jeden Fall am Telefon zwischen Mandant und Strafverteidiger ausgetauscht werden müssen, und welche Dinge man besser erst bei einem ersten Zusammentreffen ohne polizeiliche Anwesenheit klären sollte. Zusammengefasst ist es essenziell seinen Mandanten zu beruhigen und unbedingt zum Schweigen anzuhalten und zu betonen, nichts ohne anwaltliche Anwesenheit zu unterschreiben. Alle weiteren Fragen seitens der Strafverteidiger, wie Grund der Durchsuchung, das Aktenzeichen, was mit dem Mandanten passiert, wo er eventuell in Gewahrsam genommen wird und wie lange die Beamten noch vor Ort sind, sollte man direkt mit der Polizei klären. Also: Der Beschuldigte soll so wenig wie nur möglich sagen!
Später ging es darum, was man als Strafverteidiger schnellstens in Erfahrung bringen muss, wenn ein Mandant, der in Gewahrsam genommen wurde und einem Haftrichter vorgeführt werden soll. Liegt ein dringender Tatverdacht in Verbindung mit einem Haftgrund vor? Um diese Fragen zu klären ist ein intensiver Austausch mit dem eigenen Mandanten und das akribische Studieren der Aktenlage von großer Bedeutung. Eines sollte man bei dieser Arbeit niemals vergessen: während schon die einzelnen Ermittlungsmaßnahmen erheblich in die Grundrechte des Beschuldigten eingreifen, prägt das Ermittlungsverfahren auch die weiteren Schritte des Strafverfahrens. Dies ergibt sich etwa daraus, dass die spätere richterliche Entscheidungsfindung stark durch die Ergebnisse der Ermittlungen geprägt ist und durch die Möglichkeit der Verkürzung der Hauptverhandlung mittels einer sogenannten Verständigung § 257 c StPO („Deal“) die Erkenntnisse des Ermittlungsverfahrens faktisch zur Grundlage der strafrechtlichen Sanktion werden können. In einer solchen Situation ist eine rechtliche Unterstützung sehr wichtig und dafür sind die Strafverteidiger mit Herz und Seele zur Stelle.