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Sanitäter (Sachverhalt)

Im Senat von Berlin wird im Frühjahr 2008 beschlossen, mit der Kampagne „be berlin“ das positive Image Berlins zu stärken und national und international für die Stadt als Wohnort, Wirtschaftsstandort und Reiseziel zu werben. Im Haushaltsplan des letzten Jahres waren daher Mittel angesetzt worden, um junge Künstler bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Der auch für kulturelle Angelegenheiten zuständige Regierender Bürgermeister Berlins Bernd Bussi ist ermächtigt, im Rahmen der entsprechenden Haushaltsansätze, Jahresstipendien für Projekte solcher Künstler in Höhe von monatlich 500,- Euro zu gewähren. Die Vergabe erfolgt entsprechend von „Förderungsgrundsätzen der Kulturverwaltung des Berliner Senats für die Projekt- und Stipendienförderung“, welche bei der Vergabeentscheidung die Staatsferne betonen.

Auf eine Ausschreibung hin bewarb sich u.a. der freischaffende Künstler und Modedesigner Robert Robertsky mit dem Konzept „Sanitäter“ aus zusammen geschraubten Waschbecken und Badewannen. Am 6. Januar erhielt Robertsky von Bussi folgendes auf den Vortag datiertes Schreiben:

 

Sehr geehrter Herr Robertsky,

 

Ihrem Antrag gemäß bewillige ich Ihnen ein Jahresstipendium in Höhe von monatlich auszuzahlenden 500,- Euro für das Jahr 2009 für die Verwirklichung des Konzepts „Sanitäter“ entsprechend dem von Ihnen eingereichten Entwurf.

Der „Sanitäter“ muss bis Ende des Jahres 2009 fertiggestellt sein. Da das Stipendium insbesondere auch der Förderung der heimischen Wirtschaft dienen soll, sind die vorgesehenen Materialien von der Porzellanmanufaktur Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin (KPM) zu beziehen, sofern Sie für die Verwirklichung Ihres Konzepts neuwertige sanitäre Anlagen benötigen.

Sollten sich Änderungen ergeben, so bitte ich Sie, davon Herrn Kulturdezernent Detlef Dawo zu unterrichten.

 

 

In einer Rechtsbehelfsbelehrung wurde auf die Möglichkeit des Vorgehens vor dem VG Berlin verwiesen.

Am 26. März schrieb Robertsky jedoch dem Regierenden Bürgermeister, er könne die Verwendung von Produkten der KPM aus künstlerischen Erwägungen nicht länger verantworten und beabsichtige, seine Vorstellungen mit neuwertigen Werkstoffen anderer Firmen zu verwirklichen. Der Kulturdezernent Detlef Dawo suchte daraufhin Robertsky am 2. April in seiner Werkstatt im Bezirk Neukölln auf und unterhielt sich mit ihm über die Verwendbarkeit der Produkte der KPM, ohne dass über eine etwaige Beendigung des Stipendiums gesprochen wurde. Auf Frage nach seinen Fortschritten wies Robertsky auf ein Gebilde, das noch weit entfernt von der Fertigstellung war und lediglich aus drei erheblich beschädigten aneinander geschraubten Waschbecken bestand. Namens des Vorstandsvorsitzenden der KPM, wurde Detlef Dawo später glaubwürdig erklärt, dass es bei sachgemäßer Installation und Behandlung der Waschbecken zu solchen Schäden nicht hätte kommen können. Hiervon wurde Robertsky unterrichtet, der jedoch auf seinen künstlerischen Erwägungen beharrte und auf der Verwendung anderer Materialien bestand.

Daraufhin erhielt Robertsky am 13. April folgenden auf den 12. April datierten Bescheid Bussis:

 

Sehr geehrter Herr Robertsky,

 

hiermit teile ich Ihnen mit, dass die Auszahlung des an Sie vergebenen Stipendiums zur Verwirklichung Ihres Konzepts „Sanitäter“ zum 1. Mai 2009 eingestellt werden muss.

Ich sehe mich nach Abwägung aller Umstände zu diesem Schritt gezwungen, da Sie nach eigenen Angaben - sowohl in Ihrem Schreiben vom 30. März diesen Jahres wie in Ihrem Gespräch mit Herrn Kulturdezernent Dawo am 3. April - die für die Erstellung des „Sanitäters“ notwendigen neuwertigen Materialien in Zukunft nicht mehr von der Königlichen Porzellan-Manufaktur Berlin (KPM), sondern von anderen Firmen beziehen wollen.

Dieses Vorgehen widerspricht dem an Sie ergangenen Bewilligungsbescheid vom 6. Januar 2009, da keine Gründe für die Abweichung von dem vereinbarten Material vorliegen. Insbesondere ist die Qualität des Materials nicht zu beanstanden; Herr Kulturdezernent Dawo hat sich von der technischen Geeignetheit des Materials persönlich überzeugt und Sie auch darüber unterrichtet. Ihre Ausführungen zur Ungeeignetheit des Materials für Ihre Zwecke beschränken sich dagegen auf bloße Behauptungen und sind insgesamt weder nachprüfbar noch unter künstlerischen Gesichtspunkten nachvollziehbar.

Gründe für eine Weitergewährung des Stipendiums bestehen auch im Übrigen nicht: Im Interesse der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der öffentlichen Haushaltsführung ist das Land Berlin darauf angewiesen, seine Mittel nur entsprechend ihrer Zweckbestimmung zu verwenden. Zur Zweckbindung der Mittel, welche dieses Jahr für die Künstlerstipendien bereitgestellt wurden, gehört aber - wie Sie dem Bescheid vom 6. Januar 2009 entnehmen konnten - auch die Förderung der lokalen Wirtschaft.

Es erscheint schließlich auch nicht als unbillig, dass Sie sich nun für Ihr Vorhaben einen privaten Sponsor suchen müssen: Dies entspricht dem Risiko, dem jeder freischaffende Künstler unterliegt. Auf den Bestand des Bescheides vom 6. Januar 2009 konnten Sie nur solange vertrauen, wie Sie die dort festgeschriebenen Bedingungen eingehalten haben.

 

Auch hier wird auf die Möglichkeit eines Vorgehens vor dem VG Berlin verwiesen.

Gegen diesen Bescheid legte Robertsky am 16. April Klage bei dem VG Berlin ein und begründete sie u.a. damit, dass diese Reaktion auf sein gewandeltes Verständnis von dem Werk völlig überzogen und für ihn gänzlich überraschend gekommen sei; er sei auch davon ausgegangen, dass die Erfüllung der Materialbezugsklausel für die Weitergewährung des Stipendiums nicht entscheidend gewesen sei. Bussi prüft in der Klageerwiderung die von Robertsky vorgebrachten Gründe sorgfältig, bleibt aber, nach Abwägung mit den im Schreiben genannten Gründen, bei seiner Entscheidung.

 

Wie wird das VG Berlin entscheiden?

 

Bearbeitervermerk: Die Gewährung des Stipendiums an Robertsky ist europarechtlich unbedenklich.


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