Freie Plätze im Seminar zur Privatrechtsgeschichte des 19. Jhs. (WS 2019/20)
News vom 09.09.2019
Univ.-Prof. Dr. Cosima Möller
Seminar zur Privatrechtsgeschichte des 19. Jahrhunderts
Modul: Thematische Vertiefung
Das Verhältnis römischrechtlich geprägter Juristen des 19. Jhs. zur Zeit
Im Wintersemester 2019/20 biete ich ein Seminar an, dass sich aus verschiedenen Blickwinkeln mit Fragen der Zeitwahrnehmung und Zeitbewältigung durch Juristen im 19. Jh. beschäftigt. Anhand von Theorien zur Geltungsgrundlage des Rechts, zum Verhältnis von historischer Legitimation und Reformbedarf in der Gegenwart sowie von Lehren zu einzelnen Instituten des Privatrechts (Abstraktionsprinzip, Verschulden beim Vertragsschluss, Lehre von der Voraussetzung) sollen historisch interessante, zugleich für die Gegenwart wichtige Themen behandelt werden, die dadurch verbunden sind, dass sie Facetten des Verhältnisses der Rechtswissenschaft zur Zeit analysieren und einordnen. Von Thibauts Streben nach einer Gesetzgebung im Zivilrecht über Savignys Volksgeistlehre, Puchtas Lehre vom Gewohnheitsrecht und den Gedanken eines universal gültigen Rechts bei Jhering bis zur verfassungsrechtlich begründeten Rechtsgeltung beim späten Windscheid soll die Geltungsgrundlage des Zivilrechts im 19. Jh. reflektiert werden, in dem es noch keine Kodifikation für Deutschland in einem über Teilstaaten hinausgehenden Sinne gab und sich die Frage nach dem anzuwendenden Recht und zur Rechtfertigung der Auswahl unabweislich stellte. Die notwendigen Anpassungen des Rechts an neue Entwicklungen in Wirtschaft und Gesellschaft konnten möglicherweise ohne ein Gesetzbuch flexibler stattfinden. Aber wer gestaltete diese Entwicklung und welche Linien lassen sich erkennen? Gehören dazu auch die „Entdeckungen“ von Dogmen oder Rechtsinstituten, die noch heute Bestand haben? Wie hängen diese mit den anerkannten Rechtsquellen zusammen?
Das Seminar findet wöchentlich dienstags von 16.15 Uhr – 17.45 Uhr im 1. Stock der Fachbereichsbibliothek im Lesesaal Römische Rechtsgeschichte statt. Die Referate sind jeweils 14 Tage zuvor schriftlich abzugeben. Näheres zur Ausarbeitung und zu nützlichen Hilfsmitteln ist einem Leitfaden zu entnehmen, der den Teilnehmerinnen und Teilnehmern zur Verfügung gestellt wird.
Es können noch Themen vergeben werden. Bei Interesse wenden Sie sich bitte an meinen wiss. Mitarbeiter, Herrn Morguet (m.morguet@fu-berlin.de).
Themenliste:
- Thibauts Plädoyer für ein einheitliches Zivilgesetzbuch – Zeit für eine gesetzliche Regelung
- Savignys Plädoyer für die Wissenschaft – Zeit für eine dogmatische Durchdringung der Überlieferung des römischen Rechts
- Puchtas Lehre vom Gewohnheitsrecht: Das Verhältnis von Volksrecht, Juristenrecht und Gesetzgebung
- Jherings „naturhistorische Methode“ - Gibt es eine Universalgrammatik des Rechts?
- Jherings „Kampf ums Recht“ – die Rolle des Einzelnen für die Rechtsordnung
- Jherings Gedanken zur Entstehung des Rechtsgefühls – ein Evolutionsmodell des Rechts
- Das „Gesetz geistiger Kontinuität“ (Windscheid) im Recht – Rechtsquellenlehre in Windscheids Lehrbuch der Pandekten vor und nach der Reichsgründung
- Thibauts Überwindung der Lehre vom geteilten Eigentum
- Savignys Lehre vom Abstraktionsprinzip – die Rolle des römischen Rechts (vergeben)
- Savignys Lehre vom intertemporalen Privatrecht – zur Reichweite des Rückwirkungsverbotes
- Jherings Entdeckung der culpa in contrahendo – das Rechtsgefühl und die Quellen (vergeben)
- Die Differenzierung zwischen Rechtswidrigkeit und Schuld bei Jhering (vergeben)
- Zur Sozialbindung des Eigentums – Jherings „Vorarbeit“ für § 906 BGB
- Windscheids Trennung von prozessrechtlicher actio und materiellrechtlicher Anspruchsgrundlage
- Windscheids Lehre von der Voraussetzung – mit einem Ausblick auf die Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage (vergeben)
- Die rechtliche Behandlung der Immissionsproblematik durch das Reichsgericht vor 1900 unter Rückgriff auf die Quellen des römischen Rechts (vergeben)