Gliederung der allgemeinen Leistungsklage
A. Zulässigkeit
I. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs (§ 40 VwGO)
1. Aufdrängende Sonderzuweisung
z.B. § 54 Abs. 1 BeamtStG, § 126 Abs. 1 BBG
wenn nein dann:
2. § 40 Abs. 1 VwGO (Generalklausel)
a) öffentlich-rechtliche Streitigkeit
Streitentscheidende Norm = öffentlich-rechtlich
Abgrenzung mit Hilfe von Interessen-, Subordinations- und Sonderrechttheorie (nur in Zweifelsfällen)
b) nichtverfassungsrechtlicher Art
Lehre von der doppelten Verfassungsunmittelbarkeit
c) keine abdrängende Sonderzuweisung
z.B. Art. 14 Abs. 3 S. 4, Art. 34 S. 3 GG, § 40 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 VwGO
II. Statthafte Klageart
- Richtet sich nach Begehren des Klägers, unter verständiger Würdigung der Sach- und Rechtslage (vgl. § 88 VwGO)
- Begehrt der Kläger ein hoheitliches Tun/Dulden/Unterlassen, das keine Verwaltungsaktsqualität (Ausnahme: gegen drohende Verwaltungsakte und - nach h.M. auch - untergesetzliche Rechtsnormen ist eine sog. vorbeugende Unterlassungsklage möglich - s.u.) hat, oder will dieses abwehren, so ist die allgemeine Leistungsklage statthaft (Bsp: nicht durch Leistungsbescheid erfolgende Geldzahlungen, bestimmte Folgenbeseitigungen, Informations- und Auskunftshandlungen).
- Die allgemeine Leistungsklage ist in der VwGO nicht ausdrücklich geregelt, wird von dieser aber vorausgesetzt (vgl. §§ 43 Abs. 2 S. 1, 111, 113 Abs. 4 VwGO);
Unterlassungsklage ist als Unterfall der allgemeinen Leistungsklage anerkannt
III. Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO analog)
- Arg. für Analogie: Ausschluss von Popularklagen
- Vss.: Möglichkeit der Verletzung eigener Rechte des Klägers
IV. Vorverfahren
Grdsl. nicht erforderlich; Beachte aber z.B. § 54 Abs. 2 BeamtStG, § 126 BBG
IV. Passive Prozessführungsbefugnis
§ 78 Abs. 1 VwGO findet nach ghM keine Anwendung, wohl aber können die zugrundeliegenden Rechtsgedanken herangezogen werden; es kann daher auch entsprechend § 78 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 2 die Bezeichnung der für den eigentlichen Klagegegner handelnden Behörde genügen.
VI. Beteiligten- und Prozessfähigkeit (§ 61, 62 VwGO)
VII. Form (§ 81 f. VwGO)
VIII. Rechtsschutzbedürfnis
1. Bei Unterlassungsklage als Unterfall der allgemeinen Leistungsklage: Qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis bei vorbeugender Unterlassungsklage
Grund: System des Verwaltungsprozessrechts ist repressiv, Voraussetzungen des einstweiligen Rechtsschutzes sollen nicht umgangen werden.
a) gegen zukünftigen Realakt
Wiederholungs- oder konkrete Erstbegehungsgefahr genügt, (erneuter) Eingriff muss mit hinreichender Wahrscheinlichkeit drohen
b) gegen zukünftigen Verwaltungsakt
grdsl. unzulässig
ausnahmsweise zulässig, wenn Verweisung auf repressiven Rechtsschutz unzumutbar ist (z.B. VA ist straf- oder bußgeldbewährt, es werden unumkehrbare Tatsachen geschaffen oder ein nicht wiedergutzumachender Schaden droht); Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG)
2. Bei sonstigen Leistungsklagen genügt allgemeines Rechtsschutzbedürfnis
Insbesondere diskussionswürdig, wenn Behörde ihren Anspruch auch durch Erlass eines Verwaltungsaktes durchsetzen kann (nicht muss - dann wäre die Leistungsklage ohnehin unzulässig) und dennoch den Weg der Leistungsklage wählt. Nach BVerwG ist die allg. Leistungsklage jedenfalls dann zulässig, wenn der Anspruch nach Grund oder Höhe streitig ist und daher ohnehin mit einer gerichtlichen Auseinandersetzung gerechnet werden muss.[1] Die Behörde hat demnach in solchen Fällen ein Wahlrecht, welchen Weg sie wählt.
Umstritten ist auch, ob bei Klagen des Bürgers gegen die Verwaltung ein vorheriger Antrag auf begehrte Leistung erforderlich ist. Dies ist, wegen des Ausschlusses des Vorverfahrens, wohl eher nicht für eine zulässige Klage zu erwarten, sondern hat lediglich im Fall des § 156 VwGO Ausfluss auf die Kostenentscheidung.[2]
IX. Verfristung
Grundsätzlich (soweit nicht gesetzlich normiert) keine Frist einzuhalten, gleichwohl kommt u.U. eine Verfristung im Sinne einer Verwirkung in Betracht.
X. Zuständigkeit des Gerichts (nur bei Angaben im Sachverhalt prüfen)
Sachlich: § 45 ff. VwGO
Örtlich: § 52 VwGO
XI. Gegebenenfalls: Klagehäufung § 44 VwGO
B. Begründetheit
Die Klage ist begründet, wenn der Kläger einen Anspruch auf die begehrte Leistung hat, bzw. wenn der geltend gemachte Unterlassungsanspruch besteht.
I. Anspruchsberechtigung
- (einfach-)gesetzliche Anspruchsgrundlagen; ausnahmsweise aus Grundrechten
- anerkannte öffentlich-rechtliche Rechtsinstitute (z.B. öffentlich-rechtliche GoA, Folgenbeseitigungsanspruch, auch in der Form des Widerrufsanspruchs, allg. öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch
- Vertragliche Ansprüche (verwaltungsrechtliches Schuldverhältnis)
- Sonstige Zusagen
II. Ggf. Spruchreife
[1] Schoch/Schneider/Bier/Pietzcker, VwGO, § 42 Rn. 171.
[2] Peine, Klausurenkus im Verwaltungsrecht, 6. Aufl, Rn. 264.
© Markus Heintzen und Heike Krieger (Freie Universität Berlin) Bearbeitung für Hauptstadtfälle: Andreas Buser, Jannik Bach |