Wie und in welchen Schritten erfolgt nun eine Auslegung einer empfangsbedürftigen Willenserklärung?
Zunächst kommt es daauf an, ob der Empfänger das vom Erklärenden wirklich gewollte zutreffend verstanden hat. Ist das der Fall, so gilt das Gemeinte, unabhängig davon, wie die Erklärung objektiv zu verstehen war (falsa demonstratio non nocet). Schulfall: Die Parteien sagen „Haifischfleisch“, meinen aber übereinstimmend „Walfischfleisch“. Das gilt auch für die bewusste Falschbezeichnung etwa durch Code-Wörter. Versteht der Erklärungsempfänger die Erklärung anders, als der Erklärende sie meinte, kommt es darauf an, wie der Empfänger sie nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte und unter Berücksichtigung der Umstände des Einzellfalls verstehen durfte. Dazu ist zunächst auf den Wortlaut der Vereinbarung abzustellen. Daneben müssen aber auch außerhalb des Erklärungsaktes liegende Umstände wie der Ablauf der Vertragsverhandlungen und der Gesamtzusammenhang, insb. auch Geschäftsbräuche und Verkehrssitten in einem bestimmten Kreis (Kaufleute) oder zwischen den Parteien berücksichtigt werden. Zudem ist eine interessengerechte, widerspruchsfreie und die Nichtigkeitsfolge vermeidende Auslegung zu bevorzugen. Ergeben sich etwa aus Abweichungen zwischen früheren Preislisten, Prospekten und Werbeanschlägen und dem späteren Angebot, kann sich daraus eine Pflicht zur Nachfrage ergeben, bei deren Verletzung der Empfänger nicht einfach von der für ihn günstigeren Auslegung ausgehen darf. Ergeben die Umstände aber nichts anderes als der Wortlaut, etwa weil zuvor nie über den Preis verhandelt wurde, so ist dieser objektive Erklärungswert maßgeblich (sog. normative Auslegung oder Auslegung nach dem Empfängerhorizont).