Springe direkt zu Inhalt

Der Benachrichtigungsschein geht unter einem Stapel Werbung verloren. Gilt das Schreiben dennoch als zugegangen? Ist anders zu entscheiden, wenn V verreist ist und das Schreiben deshalb ni...




Im Bsp. 1 hat V nicht vorsätzlich, sondern nur fahrlässig den Zugang verhindert. Der Empfänger handelt nicht arglistig und ist ebenfalls schutzwürdig. Er muss wissen, wenn er an eine neue Rechtslage, z.B. durch eine Kündigung, gebunden ist. Daher erwartet die Rspr. hier vom Erklärenden, dass dieser alles Erforderliche und Zumutbare tut, um einen Zugang beim Empfänger zu erreichen. Regelmäßig ist ein zweiter Zustellungsversuch erforderlich. Wenn der Erklärende unverzüglich nach Bemerken des Mangels tätig geworden ist und weitere Zustellungsversuche unternommen hat, muss sich der Empfänger aufgrund seines Verschuldens nach Treu und Glauben so behandeln lassen, als wäre schon das erste Schreiben zugegangen. Diese erneute Zustellung wirkt also auf den Zeitpunkt der ersten, missglückten Zustellung zurück. V könnte sich damit – bei unterbliebenem zweitem Zustellungsversuch – auf den fehlenden Zugang berufen. Ist der Brief beim zweiten Versuch aber zugegangen, kann V nicht dessen Verspätung geltend machen. Ob diese auf Treu und Glauben gestützte Rückwirkung der zweiten Zustellung auch bei fehlendem Verschulden wie in Bsp. 2 gilt, ist wiederum streitig. Während die Rspr. hier zurückhaltend ist, wird von anderen wieder auf die verschiedenen Risikosphären abgestellt. Auch die unverschuldete Zugangsverhinderung aufgrund Abwesenheit liegt letztlich in der Sphäre des Empfängers, eine Rückwirkung daher auch hier möglich gehalten.