In welchem Zeitpunkt ist eine Willenserklärung zugegangen, wenn sie nicht an den Empfänger direkt ausgehändigt wurde, sondern z.B. an dessen Ehefrau, an dessen siebenjähriges Kind, seinen ...
Hier ist danach zu unterscheiden, inwieweit die zwischengeschaltete Person dem Herrschafts- und Risikobereich des Empfängers zuzuordnen ist. Soweit die Person bevollmächtigt wurde, bestimmte Erklärungen entgegenzunehmen, was sich auch aus der Bevollmächtigung zur Vornahme entsprechender Rechtsgeschäfte ergeben kann, gilt sie als Empfangsvertreter, so dass sie dem Empfänger mit dem Zugang bei ihr zugeht. Dies ist z.B. bei einem Prokuristen oder Geschäftsführer als vertretungsberechtigtes Organ der Fall, aber auch bei einer Verkäuferin hinsichtlich solcher Erklärungen, die in ihren Tätigkeitsbereich fallen, vgl. § 56 HGB.Ist die Person zwar nicht bevollmächtigt, aber zur Annahme von Erklärungen ausdrücklich oder konkludent vom Empfänger bestellt oder nach der Verkehranschauung als ermächtigt anzusehen und hierzu bereit und geeignet, so gilt sie als Empfangsbote. Dies ist z.B. für die Ehefrau, aber auch für die Putzfrau oder den WG-Mitbewohner anzunehmen, nicht aber für ein kleines Kind. In diesem Fall geht die Erklärung dem Empfänger nach h.M. in dem Zeitpunkt zu, zu dem die Weiterleitung an den Empfänger unter normalen Umständen zu erwarten ist. Bei der Ehefrau ist daher Zugang spätestens am Feierabend anzunehmen.In allen anderen Fällen ist die Hilfsperson dagegen nur als Erklärungsbote anzusehen. Dieser zählt nicht zum Machtbereich des Empfängers. Die Erklärung ist daher nicht bereits mit Übergabe an den Erklärungsboten und der Weisung zur Übermittlung an den Empfänger (dies ist erst die Abgabe) oder dem Zeitpunkt gewöhnlicher Weitergabe wirksam zugegangen, sondern erst in dem Zeitpunkt, in dem sie an den Empfänger selbst tatsächlich übermittelt wurde. Wenn das Kind des Empfängers den Brief unter den Spielsachen vergräbt und erst eine Woche später dem Vater gibt, ist er also erst in diesem Zeitpunkt zugegangen.