K will sein Bad neu fliesen und bittet den Fliesenverkäufer F deshalb um ein Angebot über 40 Fliesen der Marke M. Eine Fliese dieser Marke kostet 5,50 €. Als F für sich den Gesamtpreis mit...
Eine Anfechtung nach § 119 I BGB scheidet aus, da kein Fehler bei der Willensäußerung vorliegt. Die Berechnung des Preises geht der Willensentäußerung zum Vertragsschluss zeitlich voran; zu diesem Zeitpunkt hielt F den Preis von 140 € für korrekt und wollte die Fliesen zu diesem Preis verkaufen. Wille und Erklärung stimmten überein. Auch eine Anfechtung nach § 119 II BGB kommt nicht in Betracht, da der Wert einer Sache keine Eigenschaft iS. dieses Paragraphen darstellt. Der verdeckte Kalkulationsirrtum ist ein bloßer Motivirrtum. Ob hierauf die Anfechtungsregeln analog angewendet werden können, ist streitig, aber abzulehnen: Dies würde der den §§ 119 ff. BGB zugrunde gelegten grundsätzlichen Risikoverteilung, der Abwägung zwischen Privatautonomie des Erklärenden und Vertrauensschutz des Empfängers, der Sicherheit im Rechtsverkehr widersprechen. Auch Lösungen über eine Haftung aus §§ 280 I, 311 Nr. 1, 241 II BGB wegen Verletzung einer Aufklärungspflicht, eine Störung der Geschäftsgrundlage (beiderseitiger Motivirrtum) oder das Verbot unzulässiger Rechtsausübung nach § 242 BGB, wenn auf Vertragserfüllung beharrt wird, greifen allenfalls bei Kenntnis des Empfängers oder wenn sich der Empfänger der Kenntnis treuwidrig entzogen hat. Für eine Vertragsanpassung nach § 313 BGB müsste die Kalkulation zudem Geschäftsgrundlage geworden sein, was vom anderen Teil regelmäßig nicht erwartet werden kann. Zur Annahme einer unzulässigen Rechtsausübung muss die Vertragsdurchführung für den Erklärenden schlechthin unzumutbar sein. Der Motivirrtum bleibt daher unbeachtlich. Folglich kann F den Kaufvertrag über 40 Fliesen für 140 € nicht anfechten.