Wann ist eine Benachteiligung gemäß § 20 Abs. 1 AGG gerechtfertigt?
Gemäß § 20 Abs. 1 AGG ist eine Verletzung des Benachteiligungsverbotes nicht gegeben, wenn für die unterschiedliche Behandlung ein sachlicher Grund vorliegt.
In § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 bis 4 AGG sind einige mögliche – und praktisch bedeutsame – sachliche Gründe genannt. Unter bestimmten Umständen ist eine Ungleichbehandlung danach zulässig zur Gefahrvermeidung (Nr. 1), zum Schutz der Intimsphäre und der persönlichen Sicherheit (Nr. 2), zur Gewährung besonderer Vorteile (Nr. 3) oder hinsichtlich der Religion (Nr. 4). Hierbei handelt es sich um nicht abschließende Regelbeispiele, die zugleich einen Orientierungsmaßstab für weitere Fälle bieten.
Für die Rechtfertigung bedarf es einer Einzelfallbetrachtung nach Treu und Glauben. Obgleich § 20 Abs. 1 AGG – anders als § 3 Abs. 2 AGG – eine Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht ausdrücklich verlangt, ist eine solche auch hier durchzuführen. Denn bereits nach den allgemeinen Regeln sind bei der Rechtfertigung durch einen sachlichen Grund auch die Erforderlichkeit sowie die Angemessenheit zu prüfen. Dies gebietet auch eine richtlinienkonforme Auslegung. Eine Ungleichbehandlung ist daher nur dann zulässig, wenn diese zur Erreichung des damit verfolgten Ziels angemessen und erforderlich ist. Rechtfertigende Wirkung kann insbesondere der Art des Schuldverhältnisses, konkreten Wünschen anderer Kunden eines Anbieters, Haftungsrisiken und überhaupt wirtschaftlichen Erwägungen zukommen.