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Lösungsvorschlag

Das BVerfG wird der Verfassungsbeschwerde der Berliner Spielzeugwerke AG stattgeben, wenn sie zulässig und begründet ist.

A) Zulässigkeit

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig, wenn die Sachentscheidungsvoraussetzungen gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG und §§ 90 ff. BVerfGG erfüllt sind.

Anmerkung: Zur Zulässigkeit eines Verfahrens vor dem BVerfG siehe diesen Hinweis.

 

I. Beteiligtenfähigkeit (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG: "jedermann")

Die Berliner Spielzeugwerke AG ist jedermann, denn sie kann - wie Art. 19 Abs. 3 GG zeigt - auch als juristische Person des Privatrechts (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AktG) Grundrechtsträgerin sein.

II. Beschwerdegegenstand (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG: "Akt der öffentlichen Gewalt")

Verfassungsbeschwerden können sich nur gegen einen "Akt öffentlicher Gewalt" richten. Gemeint sind damit alle Äußerungen von vollziehender, gesetzgeberischer und rechtsprechender Gewalt. Die Berliner Spielzeugwerke AG greift unmittelbar das JuSchuVerVerKriegsSpielG an. Dieses Bundesgesetz ist ein "Akt der öffentlichen Gewalt".

III. Beschwerdebefugnis (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG: "Behauptung, in einem seiner Grundrechte verletzt zu sein")

Die Berliner Spielzeugwerke AG müsste behaupten können, durch das JuSchuVerVerKriegsSpielG in ihren Grundrechten verletzt zu sein, sie müsste also beschwerdebefugt sein, d.h. es dürfte nicht von vornherein ausgeschlossen sein, dass durch das JuSchuVerVerKriegsSpielG Grundrechte der Berliner Spielzeugwerke AG verletzt werden.

Um dies zu klären, soll zunächst untersucht werden, wie sich die Situation darstellt, wenn die ElU-rechtlichen Implikationen des Falles (d. h. die Konsequenzen einer möglichen Unvereinbarkeit des JuSchuVerVerKriegsSpielG mit EU-Recht sowie der möglichen Anwendbarkeit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union) ausgeblendet werden (1.). Nur wenn und soweit nach rein "deutsch-rechtlichen" Grundsätzen eine Beschwerdebefugnis zu bejahen, eine Verletzung der deutschen Grundrechte also als möglich erscheint, kann sinnvoll die Frage beantwortet werden, ob und welche Rückwirkungen eine möglichen Unvereinbarkeit des JuSchuVerVerKriegsSpielG mit EU-Recht sowie die mögliche Anwendbarkeit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union auf die Beschwerdebefugnis im vorliegenden Fall hat (2.).

1. Beurteilung der Beschwerdebefugnis unter Ausblendung der EU-rechtlichen Implikationen

Als möglicherweise verletzte (deutsche) Grundrechte kommen das Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG und das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG in Betracht

a) Möglichkeit einer Verletzung des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG

Soweit die Berliner Spielzeugwerke AG sich auf Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG beruft, ist die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung sehr fraglich: Zwar können sich auch juristische Personen nach Art. 19 Abs. 3 GG auf dieses Grundrecht berufen.[1] Durch das JuSchuVerVerKriegsSpielG wird jedoch in das Eigentum an den Betriebsanlagen nicht eingegriffen, vielmehr bleibt die Eigentümerstellung der Berliner Spielzeugwerke AG und das Recht zur Nutzung ihrer Betriebsanlagen unangetastet.

Dass sich die mit der Investition in die Betriebsanlagen verbundenen Gewinnerwartungen bei Gültigkeit des JuSchuVerVerKriegsSpielG nicht einstellen werden, stellt ebenfalls keinen Eingriff in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG dar: Bloße Gewinnerwartungen und Chancen werden von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG nicht geschützt: Das Eigentumsgrundrecht schützt das Erworbene, nicht den Erwerb und keine Hoffnungen auf zukünftigen Gewinn.[2]

Die Möglichkeit einer Verletzung des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG ergibt sich vorliegend auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Verletzung eines "Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb": Zwar wird in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Berliner Spielzeugwerke AG eingegriffen, wenn sie "auf einen Schlag" aufgrund einer gesetzlichen Neuregelung ihren gesamten Kundenstamm verliert.[3]

Jedoch folgt hieraus nicht, dass das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gerade durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt wird.[4] Vielmehr wurde das "Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb" vor allem von den Zivilgerichten als "absolutes Recht"im Hinblick auf die Beschränkung des deliktischen Schutzes des § 823 Abs. 1 BGB auf absolute Rechte konstruiert (hierzu ausführlich und sehr lesenswert: Karsten Schmidt, Handelsrecht, 5. Aufl. 1999, § 7 V, S. 194 ff.). Für die Frage des Grundrechtsschutzes ist dies irrelevant, da die Verfassung den Gewerbebetrieb schon ihrem Wortlaut nach insgesamt nicht stärker schützt als die einzelnen Sachen, Sachgesamtheiten und Tätigkeiten, die seine Grundlage bilden.[5] Somit wird auch ein "Recht auf Erhaltung eines Kundenstamms" allenfalls von Art. 12 GG, nicht jedoch von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt.[6]

Damit scheidet eine Verletzung des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG - auch im Hinblick auf die langen Übergangsfristen der § 4 und § 5 JuSchuVerVerKriegsSpielG - offensichtlich aus.[7]

b) Möglichkeit einer Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG

Jedoch erscheint vorliegend - was die Berliner Spielzeugwerke AG ebenfalls rügen - eine Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG als möglich: Auf dieses Grundrecht können sich nach Art. 19 Abs. 3 GG auch juristische Personen berufen: Schutzgut des Art. 12 Abs. 1 GG ist insoweit die Freiheit, eine Erwerbszwecken dienende Tätigkeit, insbesondere ein Gewerbe zu betreiben, soweit diese Tätigkeit ihrem Wesen und ihrer Art nach in gleicher Weise von einer juristischen wie von einer natürlichen Person ausgeübt werden kann.[8] Eine Verletzung dieses Rechts ist hier nicht von vornherein ausgeschlossen.

c) Möglichkeit einer Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG gerade durch das JuSchuVerVerKriegsSpielG

Jedoch ist fraglich, ob die Berliner Spielzeugwerke AG - wie dies nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG für die Beschwerdebefugnis notwendig ist - durch das angegriffene Gesetz selbst, gegenwärtig und unmittelbar in ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG betroffen wird.[9]

aa) Selbsbetroffenheit

An der Selbstbetroffenheitkönnte es fehlen, da die Berliner Spielzeugwerke AG als Spielzeughersteller nicht zu dem Adressatenkreis des Gesetzes zählt, welches sich nur an die Einzelhändler richtet. Die Selbstbetroffenheit ist jedoch immer schon dann gegeben, wenn die fragliche Norm die geschützte Rechtssphäre des Beschwerdeführers nach Zweck und Hauptwirkung der Regelung als eigentliches Ziel hat.[10] Durch das Verkaufsverbot von Kriegsspielzeug verlieren die Hersteller ihre Abnehmer, die weitere Herstellung wird wirtschaftlich sinnlos. Die Berliner Spielzeugwerke AG ist damit selbst betroffen.

bb) Gegenwärtige Betroffenheit

An dergegenwärtigen Betroffenheit könnte es fehlen, weil das Gesetz hier bereits vor seinem In-Kraft-Treten angegriffen wird, hiervon also noch keine Rechtswirkungen ausgehen können. Deshalb kann grundsätzlich gegen ein Gesetz erst nach dessen In-Kraft-Treten Verfassungsbeschwerde erhoben werden. Eine Ausnahme besteht dann, wenn das bereits verkündete Gesetz den Beschwerdeführer schon vor In-Kraft-Treten zu einer Verhaltensänderung zwingt.[11] Für die Berliner Spielzeugwerke AG löst das Verbot - obwohl es erst fünf Jahre später in Kraft tritt - schon jetzt einen Zwang zur Produktionsumstellung aus, so dass sie gegenwärtig betroffen ist.

cc) Unmittelbare Betroffenheit

Die Auswirkungen des an die Einzelhändler gerichteten Verbotes betreffen die Berliner Spielzeugwerke AG unmittelbar, ohne dass dazu ein weiterer Vollzugsakt erforderlich wäre. Sie ist daher durch das Gesetz auch unmittelbar betroffen.

d) Ergebnis zu 1.

Werden die EU-rechtlichen Implikationen des Falles außer Acht gelassen, wäre daher die Beschwerdebefugnis der Berliner Spielzeugwerke AG (nur) im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG zu bejahen.

2. Auswirkungen der EU-rechtlichen Relevanz des JuSchuVerVerKriegsSpielG auf die Beschwerdebefugnis

Die Bundesregierung stellt allerdings die gegenwärtige, unmittelbare Selbstbetroffenheit der Berliner Spielzeugwerke AG mit den Argumenten in Frage, dass (a) die Grundrechte des Grundgesetzes gegenüber nationalen Maßnahmen keine Anwendung finden, die nach Art. 51 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden EU-GrCh oder Charta) am Maßstab der Grundrechte dieser Charta zu messen sind (der nach Art. 6 Abs. 1 EUV der gleiche Rang wie dem EUV und dem AEUV zukommt), und dass (b) selbst im Falle der Anwendbarkeit der deutschen Grundrechte auch im Anwendungsbereich des Art. 51 Abs. 1 der EU-GrCh bei Unionsrechtswidrigkeit des JuSchuVerVerKriegsSpielG die Saarheimer Spielzeugwerke AG hierdurch gar nicht berührt würden, da das nationale Verkaufsverbot dann ohnehin unwirksam sei.

a) Ausschluss der Anwendbarkeit der deutschen Grundrechte im Anwendungsbereich des Art. 51 Abs. 1 EU-GrCh?

Nach dem Wortlaut des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 EU-GrCh gilt die EU-GrCh für die Mitgliedstaaten "ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union". Hieraus folgt zunächst nur, dass im Falle der "Durchführung des Rechts der Union" durch die Mitgliedstaaten deren Maßnahmen auch am Maßstab der Grundrechte der EU-GrCh zu messen sind. Jedoch könnte hieraus darüber hinaus folgen, dass Maßnahmen der Mitgliedstaaten, die der "Durchführung des Rechts der Union" dienen, nicht (auch) am Maßstab der nationalen Grundrechte zu messen wären. Dies würde tatsächlich bedeuten, dass die Berliner Spielzeugwerke AG im Hinblick auf das JuSchuVerVerKriegsSpielG nicht als beschwerdebefugt angesehen werden könnten, soweit sich der Erlass dieses Gesetzes als "Durchführung des Rechts der Union" darstellen würde. Denn in diesem Fall könnte sich die Saarheimer Spielzeugwerke AG gegenüber dem JuSchuVerVerKriegsSpielG nicht auf Art. 12 Abs. 1 GG berufen und damit auch die Verletzung dieses Rechts nicht mit der Verfassungsbeschwerde nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG geltend machen.

Es wäre aber auch ausgeschlossen, vor dem BVerfG eine Verletzung der Art. 15 Abs. 1 EU-GrCh (Berufsfreiheit) und Art. 16 EU-GrCh (unternehmerische Freiheit) zu rügen. Wie gerade die Unterscheidung in Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG zwischen den "Grundrechten" einerseits und den ausdrücklich aufgezählten sog. grundrechtsgleichen Rechten der Art. 20 Abs. 4, Art. 33, Art. 38, Art. 101, Art. 103 und Art. 104 GG andererseits zeigt, sind mit "Grundrechten" i.S. der Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG nur die im 1. Abschnitt des Grundgesetzes genannten Grundrechte gemeint. Ihnen liegt also ein formeller und kein materieller Grundrechtsbegriff zugrunde, so dass die Verletzung der EU-GrCh durch die deutsche Staatsgewalt nicht mit der Verfassungsbeschwerde vor dem BVerfG gerügt werden kann.[12]

Es ist also fraglich, ob aus Art. 51 Abs. 1 Satz 1 EU-GrCh im Umkehrschluss zu schließen ist, dass Maßnahmen der Mitgliedstaaten, die der "Durchführung des Rechts der Union" dienen, nicht (auch) am Maßstab der nationalen Grundrechte zu messen sind. Nur wenn dies nicht der Fall wäre, wäre von Bedeutung, ob im vorliegenden Fall der Erlass des JuSchuVerVerKriegsSpielG als "der Durchführung des Rechts der Union dienend" verstanden werden kann.

aa) Auffassung des EuGH

Der EuGH geht in ständiger Rechtsprechung[13] von einem unbedingten Vorrang des Europäischen Unionsrechts vor dem nationalen Recht aus. Ein Verstoß von innerstaatlichem Recht gegen Unionsrecht führt hiernach allerdings nicht zur Nichtigkeit der innerstaatlichen Norm, sie wird vielmehr nur "ohne weiteres unanwendbar".[14] Das meint die "Verdrängung" des mitgliedstaatlichen Rechtes in dem Sinne, dass die nationale Norm, solange das entsprechende Unionsrecht gilt, zwar in jeder Hinsicht "automatisch" unanwendbar ist. Sie ist jedoch nicht schlechthin nichtig, sondern könnte in dem Fall des Außerkrafttretens der Unionsrechtsbestimmung wieder "aufleben".[15] Dieser Anwendungsvorrang des EU-Rechts gilt nach der Rechtsprechung des EuGH insbesondere auch gegenüber nationalem Verfassungsrecht.[16]

 

Anmerkung: Der EuGH lässt an der Verbindlichkeit seiner Entscheidungen auch für die nationalen Verfassungsgerichte - und damit auch an der Geltung des Anwendungsvorrangs des EU-Rechts gegenüber dem nationalen Verfassungsrecht - letztlich keine Zweifel mehr zu[17]: Auf die umfangreichen Ausführungen des BVerfG im sog. OMT-Vorlagebeschluss zu den von ihm angenommenen Befugnissen zur "ultra-vires-" und "Idenditätskontrolle" und den sich aus einem "Ultra-vires-Akt" der Union ergebenden Handlungs- und Unterlassungspflichten deutscher Staatsorgane[18](antwortet der EuGH in seiner Vorabentscheidung nur: "Es ist ferner darauf hinzuweisen, dass ein Urteil des Gerichtshofs im Vorabentscheidungsverfahren nach dessen ständiger Rechtsprechung das nationale Gericht hinsichtlich der Auslegung oder der Gültigkeit der fraglichen Handlungen der Unionsorgane bei der Entscheidung über den Ausgangsrechtsstreit bindet".[19] Vor dem Hintergrund der Abs. 30 ff. der Schlussanträge des Generalanwalts Cruz Villalón zu dieser Rechtssache (C-62/14) kann dies letztlich nur als sehr deutlicher Hinweis des EuGH verstanden werden, dass er jegliche Missachtung seiner Entscheidung durch das BVerfG als "Vertragsverletzung" verstehen wird, die - auf entsprechenden Antrag der Kommission nach Art. 258 AEUV - auch ggf. festgestellt werden wird.[20]

 

Zum Anwendungsvorrang des Unionsrechts siehe auch den Freigesetzt-Fall und den Berliner-Verträge-Fall

Hieraus folgt aber nur, dass (eigene) Rechtsakte der EU i. S. des Art. 288 AEUV nicht am Maßstab nationaler Grundrechte zu messen sind, die Anwendbarkeit dieser Rechtsakte in den Mitgliedstaaten also nicht damit in Frage gestellt werden kann, sie würden gegen nationale Grundrechte verstoßen. Dagegen hat der EuGH bisher aus Art. 51 Abs. 1 Satz 1 EU-GrCh nicht im Umkehrschluss geschlossen, dass Maßnahmen der Mitgliedstaaten, die der "Durchführung des Rechts der Union" i. S. des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 EU-GrCh dienen, niemals (auch) am Maßstab der nationalen Grundrechte zu messen sein könnten. Art. 51 Abs. 1 Satz 1 EU-GRCh in diesem Sinne auszulegen, besteht auch kein Anlass: Die Vorschrift regelt den Geltungsbereich der Charta und nicht die Frage, ob nationale Grundrechtskataloge im Falle der Geltung der Charta durch diese verdrängt werden.[21] So spricht auch Art. 53 EU-GrCh deutlich gegen ein solches "Ausschließlichkeitsmodell", nach dem die Charta in ihrem Anwendungsbereich die nationalen Grundrechte verdrängt. Denn hiernach ist "keine Bestimmung dieser Charta als eine Einschränkung oder Verletzung der Menschenrechte und Grundfreiheiten auszulegen, die [...] durch die Verfassungen der Mitgliedstaaten anerkannt werden." Jedenfalls soweit das EU-Recht den Mitgliedstaaten Umsetzungsspielräume lässt, bedeutet dies, dass das nationale Verfassungsrecht - insbes. die nationalen Grundrechte - diese Spielräume einschränken können, ohne dass dies EU-rechtlich bedenklich wäre.[22]

Soweit ein Mitgliedstaat EU-rechtlich zum Erlass bestimmter Maßnahmen verpflichtet ist - ihm insoweit also kein Umsetzungsspielraum zusteht - nimmt der EuGH jedoch an, der Mitgliedstaat könne gegen seine Umsetzungsverpflichtung nicht einwenden, dass der Erlass der Umsetzungsmaßnahme gegen nationale Grundrechte oder sonstiges Verfassungsrecht verstoße. Soweit die Mitgliedstaaten EU-Recht umzusetzen haben, können sie also die nationalen Grundrechte (und sonstiges Verfassungsrecht) ihrer Umsetzungsverpflichtung nicht entgegenhalten. Insoweit folgt auch aus Art. 53 EU-GrCh nichts anderes. Art. 53 EU-GrCh wird vom EuGH vielmehr so verstanden, dass zwar Art. 53 EU-GrCh bestätige, dass es den nationalen Behörden und Gerichten, wenn ein Unionsrechtsakt nationale Durchführungsmaßnahmen erforderlich macht, weiterhin freistehe, nationale Schutzstandards für die Grundrechte anzuwenden. Dies gelte aber nur und solange durch diese Anwendung nationaler Schutzstandards der Vorrang, die Einheit und die Wirksamkeit des Unionsrechts nicht beeinträchtigt wird.[23]

Anmerkung: Diese Rechtsprechung wird verfahrensrechtlich konkretisiert in dem Urteil EuGH, Rs. C-112/13 v. 11.9.2014, Abs. 41 ff. - A ./. B u. a. Der EuGH stellt insoweit klar, dass die verfassungsgerichtliche Überprüfung eines nationalen Gesetzes, dessen Inhalt sich auf die Umsetzung zwingender Bestimmungen einer EU-Richtlinie beschränkt, nicht die alleinige Zuständigkeit des EuGH beeinträchtigen dürfe, eine EU-Richtlinie für ungültig zu erklären. Die verfassungsgerichtliche Aufhebung eines nationalen Gesetzes, das auf die Umsetzung zwingender Bestimmungen einer EU-Richtlinie beschränkt sei, könnte nach Auffassung des EuGH diesem nämlich die Möglichkeit nehmen, auf Ersuchen der nationalen Gerichte die Gültigkeit dieser Richtlinie bezogen auf die Anforderungen des Primärrechts und insbesondere EU-Grundrechte-Charta zu kontrollieren. Bevor die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes, dessen Inhalt auf die Umsetzung zwingender Bestimmungen einer Unionsrichtlinie beschränkt ist, im Hinblick auf die gleichen Gründe, aus denen die Gültigkeit der Richtlinie in Frage steht, vom nationalen Verfassungsgerichte kontrolliert werden könne, seien dementsprechend die nationalen Gerichte grundsätzlich nach Art. 267 Abs. 3 AEUV verpflichtet, den EuGH zur Gültigkeit dieser Richtlinie zu befragen und anschließend die Konsequenzen zu ziehen, die sich aus dem vom EuGH im Vorabentscheidungsverfahren erlassenen Urteil ergeben, sofern nicht das nationale Gericht, das die verfassungsgerichtliche Kontrolle des Gesetzes veranlasst hat, selbst dem EuGH diese Frage gemäß Art. 267 AEUV vorgelegt hat. Der EuGH stellt aber auch ausdrücklich fest, dass es im Übrigen den nationalen Gerichten und Behörden weiterhin freistehe, die Einhaltung der durch die nationale Verfassung gewährleisteten Grundrechte sicherzustellen, wenn das EU-Recht den Mitgliedstaaten bei der Durchführung eines EU-Rechtsakts einen Ermessensspielraum einräumen, sofern durch die Anwendung nationaler Schutzstandards für die Grundrechte weder das Schutzniveau der Charta, wie sie vom EuGH ausgelegt wird, noch der Vorrang, die Einheit und die Wirksamkeit des Unionsrechts beeinträchtigt werden.

 

Insoweit spricht EU-rechtlich auch nichts dagegen,  dass nationale Maßnahmen, die gegen EU-Recht verstoßen, gleichermaßen von nationalen Gerichten am Maßstab der nationalen Grundrechte gemessen und (auch) wegen Verstoßes gegen nationales Verfassungsrecht verworfen werden. Zwar liegt auch hier vordergründig – wie in der „Melloni-Konstellation“ – ein Fall vor, indem dem Mitgliedstaat kein Umsetzungsspielraum zusteht. Der fehlende Umsetzungsspielraum erklärt sich hier aber dadurch, dass die nationale Maßnahme schlechthin unionsrechtlich verboten ist, ihre Vornahme also unionsrechtswidrig ist. In der „Melloni-Konstellation“ ist dagegen die nationale Maßnahme unionsrechtlich geboten, ihre Nichtvornahme unionsrechtswidrig. Um die praktische Wirksamkeit des Unionsrechts zu sichern, dürfen daher in der „Melloni-Konstellation“ nationale Grundrechte, die der Umsetzung des unionsrechtlichen Gebots entgegenstehen, nicht angewendet werden. Ist dagegen eine nationale Maßnahme unionsrechtlich verboten, stärkt es die praktische Wirksamkeit dieses unionsrechtlichen Verbots, wenn die Maßnahme (nicht nur wegen Verstoßes gegen dieses Verbot sondern) auch wegen eines Verstoßes gegen nationales Recht aufgehoben bzw. für nichtig oder unanwendbar erklärt werden kann.[24]

Folgt man der Auffassung des EuGH würde dies dementsprechend bedeuten, dass die Berliner Spielzeugwerke AG durch das JuSchuVerVerKriegsSpielG in ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt sein können, da der Erlass des JuSchuVerVerKriegsSpielG jedenfalls nicht der Umsetzung von zwingendem EU-Recht dient, sondern "nur" umstritten ist, ob das JuSchuVerVerKriegsSpielG sich aus dem EU-Recht ergebende Freiheiten rechtswidrigerweise beschränkt. Dieser mögliche EU-Rechtsverstoß durch den Bundesgesetzgeber würde damit jedenfalls nicht zur Unanwendbarkeit der deutschen Grundrechte gegenüber diesem Bundesgesetz führen, selbst wenn der Erlass des JuSchuVerVerKriegsSpielG als "Durchführung des Rechts der Union" i. S. des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 EU-GrCh verstanden würde, was zu einer zusätzlichen Bindung an die EU-Grundrechte führen würde.

bb) Früherer (?) Ansatz des BVerfG

Das BVerfG kam (bisher?) zu demselben Ergebnis, wenn auch mit anderer Begründung: In der Maastricht-Entscheidung hat das BVerfG angenommen, dass die Organe der damaligen Europäischen Gemeinschaft in Deutschland bei Erlass des gemeinschaftsrechtlichen Sekundärrechts und sonstiger Rechtsakte unmittelbar an die deutschen Grundrechte gebunden seien. Das BVerfG hat sich damit grundsätzlich auch für befugt gehalten, Rechtsakte der (damaligen) Europäischen Gemeinschaft am Maßstab der deutschen Grundrechte zu messen und sie gegebenenfalls nach § 78, § 82 Abs. 1, § 95 BVerfGG auch aufzuheben bzw. für nichtig zu erklären. Begründet wurde dies - sehr knapp - damit, dass auch Akte einer besonderen, von der Staatsgewalt der Mitgliedstaaten verschiedenen öffentlichen Gewalt einer supranationalen Organisation die Grundrechtsberechtigten in Deutschland beträfen und damit die Gewährleistungen des Grundgesetzes und die Aufgaben des BVerfG berührten, die den Grundrechtsschutz in Deutschland und insoweit nicht nur gegenüber deutschen Staatsorganen zum Gegenstand hätten.[25] Diese Rechtsprechung hat das BVerfG auch auf die Rechtslage nach dem Vertrag von Lissabon übertragen.

Anmerkung: In der Lissabon-Entscheidung hat das BVerfG ebenfalls eine grundsätzliche Bindung des EU-Sekundärrechts auch an die deutschen Grundrechte (eher stillschweigend) vorausgesetzt.[26] In späteren Entscheidungen des BVerfG  wird das Festhalten an dieser Aussage des Maastricht-Urteils wieder sehr deutlich.[27] Vor der Maastricht-Entscheidung hatte das BVerfG allerdings angenommen, es könne sekundäres Gemeinschaftsrecht nicht unmittelbar selbst am Maßstab der deutschen Grundrechte messen, aufheben und für nichtig erklären, sondern allenfalls seine Anwendung durch deutsche Behörden und Gerichte. Das BVerfG hielt sich damit nur dafür zuständig, inzident die Vereinbarkeit sekundären Gemeinschaftsrechts mit den Grundrechten zu prüfen und gegebenenfalls festzustellen, dass diese Vorschrift von deutschen Gerichten und Behörden nicht angewendet werden darf.[28]

 

In dieser Linie würde auch die Annahme liegen, dass natürlich auch der deutsche Gesetzgeber bei der Umsetzung von EU-Recht an die deutschen Grundrechte gebunden ist, so dass diese ihm u. U. verbieten können, EU-Sekundärrecht umzusetzen, auch wenn dem deutschen Gesetzgeber insoweit EU-rechtlich kein Umsetzungsspielraum zusteht.

Allerdings will das BVerfG die Vereinbarkeit von Rechtsakten der EU mit den deutschen Grundrechten "solange" nicht (mehr) überprüfen, nimmt also "solange" seinen "Kontrollanspruch zurück", wie die EU entsprechend Art. 23 Abs. 1 Satz 1 GG einen mit dem Grundrechtsschutz des Grundgesetzes vergleichbaren Grundrechtsschutz gewährleiste[29] "Solange" dies geschehe, sei eine Verfassungsbeschwerde oder ein sonstiges verfassungsgerichtliches Verfahren, das auf die Überprüfung des Sekundärrechts am Maßstab der deutschen Grundrechte gerichtet sei, unzulässig.[30] Dass die EU zur Zeit - nicht zuletzt seit Verbindlich werden der EU-GrCh nach Art. 6 Abs. 1 EUV - einen mit dem Grundrechtsschutz des Grundgesetzes vergleichbaren Grundrechtsschutz gewährleistet, wird allgemein angenommen.

Anmerkung: Siehe hierzu näher den Berliner-Verträge-Fall

De facto bedeutet dies damit auch aus der Sicht des BVerfG, dass der Einzelne nicht gegen EU-Sekundärrecht unter Verweis auf die Verletzung deutscher Grundrechte mit der Verfassungsbeschwerde nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG vorgehen kann. Das BVerfG hat hieraus weiter geschlossen, dass auch ein deutsches Gesetz, das Sekundärrecht umsetzt, insoweit nicht an den Grundrechten des Grundgesetzes zu messen ist, als das Unionsrecht keinen Umsetzungsspielraum lässt, sondern zwingende Vorgaben macht.[31]

Ob ein Umsetzungsspielraum besteht, ist nach Auffassung des BVerfG[32] durch Auslegung des dem nationalen Umsetzungsrecht zugrunde liegenden Unionsrechts, insbesondere also der umgesetzten Richtlinien zu ermitteln, was auf nationaler Ebene vor allem den Fachgerichten obliege. Diese hätten dabei gegebenenfalls die Notwendigkeit eines Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 267 AEUV in Betracht zu ziehen. Eine Grundrechtsverletzung bei Anwendung von EU-Recht durch die deutschen Gerichte hält das BVerfG[33] in diesem Zusammenhang vor allem dann für möglich, wenn sich ein Gericht in der Annahme, an vermeintlich zwingendes Unionsrecht gebunden zu sein, an der Berücksichtigung der Grundrechte des Grundgesetzes gehindert sehe. Lasse das Unionsrecht den Mitgliedstaaten einen Umsetzungsspielraum, sei dieser grundgesetzkonform auszufüllen. Die Fachgerichte müssten den Einfluss der Grundrechte bei der Auslegung von Vorschriften des nationalen Rechts, die unionsrechtlich nicht oder nicht vollständig determiniert seien, zur Geltung bringen.

Dies bedeutete auch, dass in den Fällen, in denen ein EU-rechtlicher Umsetzungsspielraum besteht, die Umsetzungsentscheidung des deutschen Gesetzgebers am Maßstab der deutschen Grundrechte zu messen ist, diese also insoweit anwendbar sind.[34] Zudem war das BVerfG bisher auch davon ausgegangen, dass deutsche Gesetze, die EU-Recht verletzen, zugleich auch gegen deutsche Grundrechte verstoßen können.[35]

Folgt man dementsprechend der bisherigen Auffassung des BVerfG würde dies ebenfalls bedeuten, dass die Berliner Spielzeugwerke AG durch das JuSchuVerVerKriegsSpielG in ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt sein können: Der mögliche EU-Rechtsverstoß durch den Bundesgesetzgeber würde nicht zur Unanwendbarkeit der deutschen Grundrechte gegenüber diesem Bundesgesetz führen, selbst wenn der Erlass des JuSchuVerVerKriegsSpielG als "Durchführung des Rechts der Union" i. S. des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 EU-GrCh verstanden würde, was zu einer zusätzlichen Bindung an die EU-Grundrechte führen würde.

cc) Neuansatz des BVerfG in der Antiterrordatei-Entscheidung?

In seinem Urteil zur Antiterrordatei[36] scheint das BVerfG jedoch nunmehr davon auszugehen, dass im Anwendungsbereich der EU-GrCh die deutschen Grundrechte vollständig verdrängt werden.[37] Dies veranlasst das BVerfG dazu, die Bindung der Mitgliedstaaten an die Charta besonders restriktiv, d. h. den "Durchführungsbegriff" des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 EU-GrCh besonders eng zu verstehen Die Mitgliedstaaten sollen hiernach wohl nur dann an die Grundrechte der Charta gebunden sein, wenn sie solches EU-Recht "durchführen", dass ihnen keinen Umsetzungsspielraum lässt. Nur in diesem Fall - so ist die Argumentation wohl zu verstehen - könne die Nichtbindung der deutschen Staatsgewalt an deutsche Grundrechte (und die hiermit verbundene Freistellung der deutschen Staatsgewalt von einer Kontrolle durch das BVerfG) gerechtfertigt werden. Das BVerfG scheint damit offenbar zu befürchten, eine weites Verständnis des "Durchführungsbegriffs" des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GrCh könne zu einer weitgehenden Verdrängung der deutschen Grundrechte durch die Grundrechte der EU-GrCh führen. Ebenso scheint das BVerfG zu befürchten, die Grundrechtskontrolle durch das BVerfG könne durch eine Grundrechtskontrolle durch den EuGH zurückgedrängt werden. Beide Befürchtungen wären aber - wie bereits erwähnt - nur gerechtfertigt, wenn die deutschen Grundrechte schlechthin unanwendbar wären, soweit die deutsche Staatsgewalt nach Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GrCh an die Grundrechte der Charta gebunden wäre.

Wie bereits dargestellt, folgt ein solcher Automatismus jedoch weder aus der Rechtsprechung des EuGH (und seinem Verständnis von Art. 53 EU-GrCh) noch aus der bisherigen Rechtsprechung des BVerfG. Insbesondere hat der EuGH immer für möglich gehalten, dass dann und soweit den Mitgliedstaaten Umsetzungsspielräume zustehen, EU-Recht einer Beschränkung dieser Spielräume durch nationales Verfassungsrecht nicht entgegen steht. Auch aus der Sicht des deutschen Verfassungsrechts besteht kein Grund, weshalb die Wirkung der deutschen Grundrechte allein deshalb zurück genommen werden sollte, weil auf denselben Sachverhalt zugleich die Grundrechte der EU-GrCh Anwendung finden. Insgesamt erscheint der Ansatz der Antiterrordatei-Entscheidung, das Verhältnis zwischen deutschem und europäischem  Grundrechtsschutz als ein Exklusivverhältnis zu verstehen, daher als nicht überzeugend, zumal des BVerfG auch nicht erläutert, in welchem Verhältnis dieser Ansatz zu seiner früheren Rechtsprechung steht.[38]

Anmerkung: Offenbar ging es dem BVerfG darum, den EuGH dazu zu bewegen, einem restriktiven Verständnis des "Durchführungsbegriffs" in Art. 51 Abs. 1 Satz 1 EU-GrCh zu folgen[39], der eine "Durchführung von Recht der Union" nicht schon dann annimmt, wenn die Mitgliedstaaten im Anwendungsbereich des Rechts der Union agieren[40], sondern nur dann, wenn ihr Handeln EU-rechtlich vorgegeben ist, die Mitgliedstaaten also keine Spielräume haben, ob und wie sie handeln, sondern ihr Handeln vollständig oder zumindest weitgehend EU-rechtlich determiniert ist. Mittlerweile hat allerdings auch der EuGH deutlich gemacht, dass allein der Umstand, dass eine nationale Maßnahme in einen Bereich fällt, in dem die Union über Zuständigkeiten verfügt, diese Maßnahme nicht in den Anwendungsbereich des Unionsrechts bringen und somit zur Anwendbarkeit der Charta führen kann.[41] Dies dürfte zumindest die meisten Befürchtungen einer zu weitgehenden „Unitarisierungswirkung“ der Charta, die wohl der restriktiven Auslegung des "Durchführungsbegriffs" durch das BVerfG und seiner  "Trennungsthese" zu Grunde liegt, ausräumen.[42]

 

Im Ergebnis hat die Antiterrordaten-Entscheidung daher keine überzeugenden Argumente für ein Exklusiv-Verhältnis zwischen nationalen Grundrechten und den Grundrechten der EU-GrCh gebracht, so dass an dem "Kumulationsmodell", dem der EuGH folgt und das auch der bisherigen Rechtsprechung des BVerfG entspricht, festgehalten werden soll.

dd) Ergebnis zu a

Selbst wenn der der Erlass des JuSchuVerVerKriegsSpielG als "Durchführung des Rechts der Union" i. S. des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 EU-GrCh verstanden würde, was zu einer Bindung des deutschen Gesetzgebers an die Grundrechte der EU-GrCh führen würde, würde dies folglich nicht bedeuten, dass gegenüber dem JuSchuVerVerKriegsSpielG die deutschen Grundrechte keine Anwendung finden würden. Die Frage des "Durchführungsbegriffs" des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 EU-GrCh muss dementsprechend hier nicht geklärt werden, zumal selbst bei Anwendbarkeit der EU-GrCh die Vereinbarkeit des JuSchuVerVerKriegsSpielG mit den Grundrechten der Charta nicht im Rahmen der Verfassungsbeschwerde überprüft werden könnte.

b) Bedeutung der möglichen Unionsrechtswidrigkeit des JuSchuVerVerKriegsSpielG

Die Bundesregierung stellt allerdings die gegenwärtige und unmittelbare Selbstbetroffenheit der Berliner Spielzeugwerke AG zusätzlich mit dem Argument in Frage, dass im Falle der Unionsrechtswidrigkeit des JuSchuVerVerKriegsSpielG die Saarheimer Spielzeugwerke AG hierdurch gar nicht berührt würden, das nationalrechtliche Verkaufsverbot also unwirksam sei. Insoweit wird offenbar aus dem Anwendungsvorrang des EU-Rechts gegenüber entgegenstehendem nationalen Recht (s. o. A III 2 a aa) Folgendes geschlossen: Eine gegenwärtige, unmittelbare  Betroffenheit der Saarheimer Spielzeugwerke AG durch das JuSchuVerVerKriegsSpielG sei ausgeschlossen, wenn das JuSchuVerVerKriegsSpielG wegen Verstoßes gegen die Warenverkehrsfreiheit der Art. 34 ff. AEUV und/oder wegen Unvereinbarkeit mit der Richtlinie 2009/48/EG über die Sicherheit von Spielzeug auch gegenüber der Berliner Spielzeugwerke AG nach EU-rechtlichen Gründen nicht zur Anwendung kommen kann.

Allerdings ist schon zweifelhaft, ob eine solche Unanwendbarkeit des JuSchuVerVerKriegsSpielG wegen Unionsrechtswidrigkeit auch gegenüber der Berliner Spielzeugwerke AG zum Tragen käme. Das wäre zwar bei einem Verstoß gegen die Richtlinie 2009/48/EG über die Sicherheit von Spielzeug der Fall, wenn diese tatsächlich - worauf deren Art. 12 hindeutet - innerhalb ihres Anwendungsbereichs die Anforderungen an Spielzeug für den gesamten Europäischen Binnenmarkt harmonisieren will, so dass die Mitgliedstaaten auch für die heimischen Hersteller keine höheren Anforderungen für das Inverkehrbringen von Spielzeug auf dem heimischen Markt aufstellen können. Verstößt das JuSchuVerVerKriegsSpielG dagegen "nur" gegen die EU-Grundfreiheiten (zu denen auch und v. a. die Warenverkehrsfreiheit der Art. 34 ff. AEUV gehört), wäre hier die Besonderheit zu beachten, dass sich  ein inländisches Unternehmen (nämlich die Berliner Spielzeugwerke AG) gegen eine inländische Markzutrittsbeschränkung (nämlich das deutsche JuSchuVerVerKriegsSpielG) wehrt. Insoweit kämen mangels grenzüberschreitenden Bezugs die EU-Grundfreiheiten zu Gunsten der Berliner Spielzeugwerke AG gegenüber dem JuSchuVerVerKriegsSpielG nicht zum Tragen  - mit der Folge, dass das JuSchuVerVerKriegsSpielG nur unanwendbar wäre, soweit es den Verkauf importierter Kriegsspielzeuge betrifft, nicht aber, soweit es auch den Verkauf deutscher Produkte in Deutschland ausschließt.[43]

Aber selbst wenn davon ausgegangen wird, dass sich auch die Berliner Spielzeugwerke AG im vorliegenden Fall auf eine Unanwendbarkeit des JuSchuVerVerKriegsSpielG wegen Verstoßes gegen Unionsrecht berufen könnte, kann dies in der hier gegebenen konkreten Konstellation ihrer gegenwärtigen, unmittelbaren Selbstbetroffenheit durch das JuSchuVerVerKriegsSpielG nicht entgegen gehalten werden: So ist noch nicht behauptet worden, es könne an der gegenwärtigen, unmittelbaren Selbstbetroffenheit bei einem Gesetz schon deshalb fehlen, weil das Gesetz verfassungswidrig und daher nichtig sei und als nichtiges Gesetz den Beschwerdeführer nicht in seinen Grundrechten verletzen könnte. Ob das Gesetz verfassungswidrig und damit nichtig ist, ist gerade Gegenstand der Verfassungsbeschwerde. Im Grundsatz ist es bei der noch nicht geklärten Unionsrechtswidrigkeit eines Gesetzes ähnlich: Ob ein Gesetz die (deutschen) Grundrechte des Beschwerdeführers verletzen kann, hängt nur von seiner Verfassungsgemäßheit ab, die der Beschwerdeführer mit der Verfassungsbeschwerde zur Prüfung stellen kann. Dass dasselbe Gesetz u. U. auch unionsrechtswidrig und  gegenüber dem Beschwerdeführer unanwendbar ist, vermag nicht die gegenwärtigen, unmittelbaren Selbstbetroffenheit auszuschließen, sondern allenfalls die Frage aufzuwerfen, ob nach dem Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführer gehalten ist, zunächst die Unionsrechtswidrigkeit des Gesetzes und seine Unanwendbarkeit ihm gegenüber (fachgerichtlich) klären zu lassen, bevor er sich an das BVerfG wendet (siehe unten A V 2).

Anmerkung: Die Frage der Rückwirkungen möglicher Unanwendbarkeit eines Gesetzes wegen seiner Unionsrechtswidrigkeit auf die Beschwerdebefugnis bei der Verfassungsbeschwerde wird in der Literatur kaum behandelt, so dass natürlich auch andere Überlegungen als vertretbar erscheinen (vgl. aber Masing, JZ 2015, 477, 484 ff. in Bezug auf die Entscheidungserheblichkeit von Richtervorlagen). Der Fall ist im Übrigen sehr deutlich von der Situation des Freigesetzt-Falls zu unterscheiden, in dem geltend gemacht wird, dass eine (rechtskräftige) Gerichtsentscheidung, die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen wird, auch unionsrechtswidrig ist. Hier ist letztlich unbestritten, dass aus dem Anwendungsvorrang nicht folgt, auch unionsrechtswidrige Gerichts- und Verwaltungsentscheidungen seien per se "unanwendbar" und damit für die Betroffenen unverbindlich (deutlich Englisch, Die Verwaltung 41 [2008], 99, 105 ff.). Dementsprechend erkennt der EuGH an, dass auch unionsrechtswidrige Gerichtsurteile rechtskräftig werden und für die Beteiligten verbindlich werden können.[44] Eine andere Frage ist, ob sich im Einzelfall aus dem Unionsrecht besondere Pflichten zur Aufhebung, Nichtigkeitserklärung oder sonstigen "Beseitigung" (zunächst) verbindlicher unionsrechtswidriger Verwaltungs- oder Gerichtsentscheidungen ergeben können.

 

 

c) Ergebnis zu 2

Im Ergebnis schließen damit auch die EU-rechtlichen Implikationen des Falles die Beschwerdebefugnis der Berliner Spielzeugwerke AG nicht aus.

 

3. Ergebnis zu III

Die Berliner Spielzeugwerke AG ist damit beschwerdebefugt.

IV. Verfahrensfähigkeit

Die Berliner Spielzeugwerke AG ist fähig, Prozesshandlungen durch ihre Vertreter - hier durch ihren Vorstand (§ 78 Abs. 1 AktG) - vorzunehmen, und ist deshalb auch verfahrensfähig (prozessfähig).

Anmerkung: Wenn nicht gerade eine juristische Person, ein minderjähriges Kind oder ein Geisteskranker Verfassungsbeschwerde erhebt, ist zur Frage der Verfahrens- oder Prozessfähigkeit kein Wort zu verlieren.

 

V. Erschöpfung des Rechtswegs (§ 90 Abs. 2 BVerfGG) und "Subsidiarität" der Verfassungsbeschwerde

Gegen Bundesgesetze steht kein Rechtsweg (außer der Verfassungsbeschwerde) offen, so dass die Voraussetzungen des § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG erfüllt sind. Fraglich ist jedoch, ob der "Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde" der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde hier entgegen stehen kann. Nach diesem - vom BVerfG letztlich in erweiternder Auslegung des § 90 Abs. 2 BVerfGG "gefundenen" - Grundsatz[45] hat der Beschwerdeführer neben der Erschöpfung des Rechtswegs alle anderweitig bestehenden Möglichkeiten auszuschöpfen, die geeignet sind, die Grundrechtsverletzung zu beseitigen oder ohne Inanspruchnahme des BVerfG im praktischen Ergebnis dasselbe zu erreichen.[46]

1. Subsidiarität wegen Möglichkeiten verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes?

Insoweit hat das BVerfG teilweise verlangt, dass der Beschwerdeführer selbst dann, wenn er von einem Gesetz unmittelbar, gegenwärtig und selbst betroffen ist, zunächst Rechtsschutz bei den Fachgerichten suchen muss, um eine Richtervorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG zu initiieren.[47]

Dies setzt jedoch voraus, dass eine solche Rechtsschutzmöglichkeit vor den Fachgerichten überhaupt besteht und nicht offensichtlich unzulässig ist.[48] Hier ist jedoch nicht erkennbar, wie die Berliner Spielzeugwerke AG gegen die Regelung eines Parlamentsgesetzes, das nicht ihr, sondern Dritten unmittelbar etwas verbietet, ohne dass staatliche Behörden diese Norm diesen Dritten gegenüber umsetzen müssten, Rechtsschutz vor den Fachgerichten erlangen kann. Zwar hat das BVerwG einmal eine Feststellungsklage nach § 43 VwGO für zulässig geachtet, die sich unmittelbar gegen den Normgeber einer Norm richtet, die ohne weiteren Vollzugsakt in die Rechte eines Normadressaten eingreift.[49] Allerdings stand hier eine Rechtsverordnung in Frage und damit die Problematik, ob der Normgeber - also die Behörde, die die Rechtsverordnung erlassen hat - nach der Verordnungsermächtigung berechtigt war, die Rechtsverordnung zu erlassen. Dies mag man noch als verwaltungsgerichtlich feststellungsfähiges Rechtsverhältnis nicht-verfassungsrechtlicher Art verstehen. Die Frage, ob der Bund berechtigt war, durch ein Parlamentsgesetz unmittelbar Grundrechte einzuschränken, lässt sich dagegen eindeutig nicht mehr als "öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art" qualifizieren, zu deren Entscheidung die Verwaltungsgerichte nach § 40 Abs. 1 VwGO berufen sind.[50]

2. Subsidiarität wegen Notwendigkeit, eine Entscheidung des EuGH herbeizuführen?

Allerdings ist fraglich, ob nicht Besonderes deshalb gelten muss, weil die Frage der Vereinbarkeit des JuSchuVerVerKriegsSpielG mit dem Unionsrecht und damit seine Anwendbarkeit gegenüber der Berliner Spielzeugwerke AG noch geklärt werden muss (s. o. A III 3 d), was letztlich nur rechtssicher möglich ist, wenn ein deutsches Gericht nach Art. 267 AEUV dem EuGH die Frage vorlegen würde, ob Art. 34 ff. AEUV und die Richtlinie 2009/48/EG über die Sicherheit von Spielzeug einer nationalen Regelung entgegen stehen, die die Veräußerung von Kriegsspielzeug innerhalb eines Mitgliedstaates verbietet.

Anmerkung: Der EuGH kann im Verfahren nach Art. 267 AEUV selbst nicht die Unanwendbarkeit des nationalen Rechts feststellen, sondern nur über die Auslegung des Unionsrechts entscheiden, im konkreten Fall also darüber, ob eine solche Regelung, wie sie im JuSchuVerVerKriegsSpielG enthalten ist, dem Unionsrecht entspricht.[51]

 

Das BVerfG[52] hat hieraus jedoch (bisher) nicht geschlossen, ein solcher fachgerichtlicher Vorlagebeschluss nach Art. 267 AEUV müsse "um jeden Preis" vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde initiiert werden, wenn sich der Beschwerdeführer gegen eine ihn unmittelbar, selbst und gegenwärtig betreffende Norm richte. Zwar gebe es insoweit für eine Überprüfung einer Norm am Maßstab des Grundgesetzes kein Bedürfnis, wenn schon feststünde, dass die genannten Vorschriften dem Unionsrecht widersprechen und deshalb innerstaatlich nicht angewendet werden dürfen. Anderes gelte aber dann, wenn der EuGH eine Entscheidung zu der mit der Verfassungsbeschwerde aufgeworfenen unionsrechtlichen Frage noch nicht getroffen habe. Solange nicht geklärt sei, ob das innerstaatliche Recht mit dem Grundgesetz vereinbar sei, sei der EuGH aber im Ungewissen darüber, ob die Vorabentscheidung eine nach innerstaatlichen Maßstäben gültige und deshalb entscheidungserhebliche Norm betrifft. Diese Ungewissheit könne nur durch die Entscheidung des BVerfG über die Verfassungsbeschwerde ausgeräumt werden, die sich gegen diese Norm richtet.

Damit erkennt das BVerfG letztlich eine Art Wahlrecht des Beschwerdeführers zwischen der Erhebung einer Verfassungsbeschwerde und der Initiierung eines Vorlageverfahrens nach Art. 267 AEUV an, weil andernfalls sowohl der EuGH wie auch das BVerfG in ihren jeweiligen Verfahren wechselseitig auf das jeweils andere Verfahren verweisen könnten. Dem entspricht, dass das BVerfG grundsätzlich annimmt, dass einem Fachgericht, das sowohl von der Verfassungswidrigkeit wie von der Unionsrechtswidrigkeit einer entscheidungserheblichen Norm überzeugt ist, grundsätzlich ein Wahlrecht zusteht, ob es zunächst dem EuGH nach Art. 267 AEUV oder dem BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG vorlegt,[53] auch wenn man annehmen könnte, eine unionsrechtswidrige Rechtsnorm könne niemals "entscheidungserheblich i.S.d. Art. 100 Abs. 1 GG sein.

Anmerkung: Umgekehrt hat dementsprechend mittlerweile auch der EuGH anerkannt, dass ein Gericht nicht an einer Vorlage nach Art. 267 Abs. 1 AEUV gehindert ist, um die EU-rechtlichen Vorgaben der Vereinbarkeit einer nationalen Norm mit EU-Recht zu klären, wenn diese Norm zeitgleich Gegenstand eines Vorlageverfahrens nach Art. 100 Abs. 1 GG ist. Der EuGH stellt insoweit sogar fest, dass eine "Sperrwirkung" eines Vorlagebeschlusses nach Art. 100 Abs. 1 GG gegenüber einer Richtervorlage nach Art. 267 Abs. 1 AEUV mit EU-Recht unvereinbar wäre: EuGH, Rs. C-112/13 v. 11.9.2014, Abs. 34 ff. - A ./. B u. a.; EuGH, Rs. C-5/14 v. 4.6.2015, Abs. 31 ff. - Kernkraftwerke Lippe-Ems GmbH): In Abs. 33 des letztgenannten Urteils heißt es insoweit: "Mit den in der Natur des Unionsrechts liegenden Erfordernissen wäre nämlich jede Bestimmung einer nationalen Rechtsordnung – auch wenn sie Verfassungsrang hat – oder jede Gesetzgebungs-, Verwaltungs- oder Gerichtspraxis unvereinbar, die dadurch zu einer Schwächung der Wirksamkeit des Unionsrechts führen würde, dass dem für die Anwendung dieses Rechts zuständigen Gericht die Befugnis abgesprochen wird, bereits zum Zeitpunkt dieser Anwendung alles Erforderliche zu tun, um diejenigen innerstaatlichen Rechtsvorschriften auszuschalten, die unter Umständen ein Hindernis für die volle Wirksamkeit der Unionsnormen bilden [...]. Dies wäre dann der Fall, wenn bei einem Widerspruch zwischen einer unionsrechtlichen Bestimmung und einem staatlichen Gesetz die Lösung dieses Normenkonflikts einem über ein eigenes Beurteilungsermessen verfügenden anderen Organ als dem Gericht, das für die Anwendung des Unionsrechts zu sorgen hat, vorbehalten wäre, selbst wenn das daraus folgende Hindernis für die volle Wirksamkeit dieses Rechts nur vorübergehender Art wäre [...]").

 

VI. Frist (§ 93 Abs. 3 BVerfGG)

Die Verfassungsbeschwerde wurde bereits vor In-Kraft-Treten des Gesetzes erhoben, die Jahresfrist des § 93 Abs. 3 BVerfGG wurde also gewahrt.

VII. Ergebnis zu A

Die Verfassungsbeschwerde ist damit insgesamt zulässig.

B) Begründetheit

Die Verfassungsbeschwerde ist begründet, wenn die Berliner Spielzeugwerke AG durch das JuSchuVerVerKriegsSpielG in ihren Grundrechten verletzt wird. Ein Grundrecht ist verletzt, wenn dasjenige Verhalten, an dem sich die Berliner Spielzeugwerke AG gehindert sieht, in den Schutzbereich eines Grundrechts fällt, das Gesetz in dieses Grundrecht eingreift und dieser Eingriff verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen ist.

Anmerkung: Zum Aufbau der Begründetheitsprüfung einer Verfassungsbeschwerde gegen eine Rechtsnorm siehe diesen Hinweis.

 

Nach dem oben Gesagtem (A III 1) kommt vorliegend nur eine Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit) in Betracht.

I. Schutzbereich

Schutzgut des Art. 12 Abs. 1 GG ist in Bezug auf juristische Personen die Freiheit, eine Erwerbszwecken dienende Tätigkeit, insbesondere ein Gewerbe zu betreiben, soweit diese Tätigkeit ihrem Wesen und ihrer Art nach in gleicher Weise von einer juristischen wie von einer natürlichen Person ausgeübt werden kann (s.o. A III 2). Hiervon wird auch das Herstellen von Plastik-Spielzeugfiguren zu Erwerbszwecken umfasst, so dass der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG eröffnet ist.

II. Eingriff

Obwohl das JuSchuVerVerKriegsSpielG die Herstellung von Kriegsspielzeug nicht selbst unmittelbar verbietet, führt es dazu, dass vielen Spielzeugherstellern das Herstellen von Kriegsspielzeug mangels Absatzmöglichkeiten wirtschaftlich unmöglich wird. Dies trifft auch für die Berliner Spielzeugwerke AG zu. Diese Folge des Verkaufsverbots wurde vom Gesetzgeber zumindest billigend in Kauf genommen, so dass das JuSchuVerVerKriegsSpielG zumindest mittelbar - über die faktischen Auswirkungen des Gesetzes - in das Grundrecht des Art. 12 Abs. 1 GG der Berliner Spielzeugwerke AG eingreift.[54]

III. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung des Eingriffs

Der Eingriff durch das JuSchuVerVerKriegsSpielG ist gem. Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG verfassungsrechtlich gerechtfertigt, wenn das Gesetz formell und materiell verfassungsmäßig ist. Ob das JuSchuVerVerKriegsSpielG auch mit dem Unionsrecht vereinbar ist, ist dagegen nicht Prüfungsgegenstand der Verfassungsbeschwerde: Das BVerfG hält sich insoweit auch nicht verpflichtet, eine Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV einzuholen[55]: Zur Klärung der Unionsrechtswidrigkeit des angegriffenen Aktes sei es nicht zuständig und allein die Unionsrechtswidrigkeit des angegriffenen Rechtsakts begründe nicht schon eine Verletzung des Beschwerdeführers gerade in seinen Grundrechten.

Anmerkung: Letztlich überträgt das BVerfG damit den Grundsatz, dass es im Verfassungsbeschwerdeverfahren nur die Verletzung spezifischen Verfassungsrechts prüfe,[56] auch auf den Prüfungsmaßstab in dem Fall, in dem eine Grundrechtsverletzung durch Missachtung von Unionsrecht gerügt wird. Insoweit unterscheidet sich der Prüfungsmaßstab des BVerfG bei der Geltendmachung von Unionsrechtsverletzungen im Verfassungsbeschwerdeverfahren von dem Prüfungsmaßstab, den es heranzieht, wenn geltend gemacht wird, gerade in der Nichtbeachtung der EMRK liege auch eine Grundrechtsverletzung.[57]

 

1. Schrankenvorbehalt

Das JuSchuVerVerKriegsSpielG müsste zunächst vom Gesetzesvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG gedeckt sein. Seinem Wortlaut nach erlaubt Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG nur die Statuierung von bloßen Berufsausübungsregeln, nicht aber von Regeln, die der Berufswahl subjektive oder objektive Schranken setzen. Vorliegend kann sich jedoch die den Vertrieb von Kriegsspielzeug verbietende Vorschrift - zumindest in Einzelfällen - wie ein faktisches Verbot des Herstellens von Kriegsspielzeug und damit wie eine Berufswahlregelung auswirken. Ob dies tatsächlich rechtfertigt, die Vorschrift als eine Berufswahlregelung zu qualifizieren, kann hier jedoch dahingestellt bleiben, da das BVerfG seit dem Apothekenurteil[58] davon ausgeht, dass der Gesetzesvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG auch Berufswahlregelungen zulässt, da sich Berufswahl und Berufsausübung nicht deutlich trennen lassen: Die Berufswahl stellt den ersten Akt der Berufsausübung dar und die Berufsausübung birgt immer auch eine Bestätigung der Berufswahl in sich. Das Grundrecht der Berufsfreiheit bildet also ein einheitliches Grundrecht, dass nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG einem einfachen Gesetzesvorbehalt sowohl in Bezug auf die Berufswahl als auch in Bezug auf die Berufsausübung i.e.S. unterliegt.[59]

Damit entspricht das JuSchuVerVerKriegsSpielG dem Schrankenvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG.

2. Formelle Verfassungsmäßigkeit

Das JuSchuVerVerKriegsSpielG müsste formell verfassungsmäßig sein. Von der ordnungsgemäßen Durchführung des Gesetzgebungsverfahrens und der Beachtung der Formvorschriften ist mangels entgegenstehender Angaben im Sachverhalt auszugehen.

a) Gesetzgebungskompetenztitel

Bezüglich der Gesetzgebungskompetenz des Bundes ist das Sachgebiet "Waffenrecht" nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 4a GG ersichtlich nicht einschlägig, da es hier nur um "echte" Waffen geht. Demgegenüber kommt aber eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 und Nr. 11 GG in Betracht: Das JuSchuVerVerKriegsSpielG bezweckt den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Spielzeug, das zu einer gesteigerten Aggressionsbereitschaft beitragen kann; es dient daher dem Jugendschutz, der unter den Begriff der öffentlichen Fürsorge des Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG fällt. Das Gesetz regelt darüber hinaus den Verkauf von Gütern im Einzelhandel, also eine wirtschaftliche Betätigung, die unter Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG (Recht der Wirtschaft) fällt.[60]

b) Besondere Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG

Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 und Nr. 11 GG gehören jedoch zu den Titeln der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes, für die auch nach Inkrafttreten des 52. Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl. I, 2034) noch die "Erforderlichkeitsklausel" des Art. 72 Abs. 2 GG gilt, die ihrerseits nach übereinstimmender Auffassung nach den strengen Kriterien zu messen ist, die das BVerfG in seiner Entscheidung zum Altenpflegegesetz[61] zur "Erforderlichkeitsklausel" des Art. 72 Abs. 2 GG i.d.F. des 42. Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes v. 27. Oktober 1994 (BGBl. I, 3146), entwickelt hat[62]. Der Bundesgesetzgeber durfte daher nach Art. 72 Abs. 2 GG das JuSchuVerVerKriegsSpielG nur dann erlassen, wenn und soweit

  • die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet

oder

  • die Wahrung der Rechtseineinheit im gesamtstaatlichen Interesse

oder

  • die Wahrung der Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse

dies erforderlich macht.

Anmerkung: Die herrschende Meinung geht mit Rücksicht auf die Gesetzgebungsmaterialien zum 42. Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes v. 27. Oktober 1994 (BGBl. I, 3146) davon aus, dass sich die Wendung des "gesamtstaatlichen Interesses" nur auf das Gesetzgebungsziel Rechts- und Wirtschaftseinheit bezieht.[63]

 

Das BVerfG geht insoweit davon aus, dass die gerichtliche Kontrolle des Art. 72 Abs. 2 GG (in seiner seit 1994 geltenden Fassung) umfassend ist und über eine bloße Vertretbarkeitskontrolle hinausgeht.[64] Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG dürften auch nicht allein am Gesetzesziel geprüft werden, weil andernfalls der Bund die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG nach wie vor in der Hand hätte. Vielmehr seien auch die tatsächlichen Auswirkungen des Gesetzes mit einzubeziehen, soweit sie erkennbar und vorab abschätzbar seien.[65] Insoweit prüft das BVerfG die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG in zwei Schritten: In einem ersten Schritt prüft es, ob die Regelung den in Art. 72 Abs. 2 GG genannten Zielvorgaben (vom BVerfG auch ungenau als "Rechtsgüter" bezeichnet [gemeint ist die "Herstellung gleichartiger Lebensverhältnisse" und die "Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse"]) entspricht. In einem zweiten Schritt untersucht es dann, inwieweit eine Regelung durch Bundesgesetz zur Erreichung dieser Zielvorgaben erforderlich ist.[66]

aa) Entspricht das JuSchuVerVerKriegsSpielG den Zielvorgaben des Art. 72 Abs. 2 GG?

Damit ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob das JuSchuVerVerKriegsSpielG den in Art. 72 Abs. 2 GG genannten Zielvorgaben entspricht. Diese Zielvorgaben werden vom BVerfG besonders einschränkend ausgelegt und hierdurch präzisiert:

(1) Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet

Ein Gesetz soll hiernach nur dann der "Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet" dienen, wenn es darum geht, eine bereits eingetretene oder konkret drohende erhebliche Auseinanderentwicklung der Lebensverhältnisse in den Bundesländern umzukehren oder zu verhindern, die das bundesstaatliche Sozialgefüge beeinträchtigt. Nicht hinreichend ist dementsprechend, dass das bloße In-Kraft-Treten des Gesetzes für gleichwertige Lebensverhältnisse sorgt. Ebenfalls ist unerheblich, dass die Lebensverhältnisse im Bundesgebiet durch die gesetzliche Regelung lediglich verbessert werden sollen. Schon gar nicht ist "Gleichwertigkeit" mit "Einheitlichkeit" gleichzusetzen.[67] Angesichts dieser restriktiven Auffassung wird man kaum annehmen können, dass das JuSchuVerVerKriegsSpielG der "Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse" dient. Denn dass es ohne eine bundeseinheitliche Regelung über das Verbot des Vertriebs von Kriegsspielzeug zu einer erheblichen Auseinanderentwicklung der Lebensverhältnisse zwischen den einzelnen Ländern kommen wird, die das bundesstaatliche Sozialgefüge insgesamt beeinträchtigen, erscheint kaum als wahrscheinlich.

Anmerkung: Der Prüfungsmaßstab wird vom BVerfG in diesem Zusammenhang noch maßgeblich dadurch verstärkt, dass es vom Bundesgesetzgeber verlangt, das für die Einschätzung notwendige Tatsachenmaterial sorgfältig zu ermitteln. Es lässt unmissverständlich Vermutungen und Spekulationen - auch wenn sie "an sich" plausibel sind - nicht genügen.[68]

 

(2) Wahrung der Rechtseinheit im gesamtstaatlichen Interesse

Ein Gesetz soll ferner der "Wahrung der Rechtseinheit im gesamtstaatlichen Interesse" dienen, wenn die unterschiedliche Behandlung desselben Lebenssachverhalts in den verschiedenen Ländern unter Umständen erhebliche Rechtsunsicherheiten und damit unzumutbare Behinderungen für den länderübergreifenden Rechtsverkehr ergeben kann. Der Bund muss einer Bedrohung der Rechtssicherheit und damit auch der Freizügigkeit entgegentreten. Nicht ausreichend soll deshalb insbesondere sein, dass bundeseinheitliches Recht vielfach wünschenswert ist; denn unterschiedliche Rechtslagen für die Bürger sind notwendige Folge des bundesstaatlichen Aufbaus.[69] Eine bundesgesetzliche Regelung ist vielmehr nur dann zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich, wenn und soweit die mit ihr erzielbare Einheitlichkeit der rechtlichen Rahmenbedingungen Voraussetzung für die Vermeidung einer Rechtszersplitterung mit problematischen Folgen ist, die im Interesse sowohl des Bundes als auch der Länder nicht hingenommen werden kann.[70]Auch zur Wahrung einer so verstandenen Rechtseinheit erscheint eine einheitliche Regelung des Vertriebs von Kriegsspielzeug im Bundesgebiet allerdings als zulässig. Denn eine unterschiedliche Regelung in den verschiedenen Ländern würde den Vertrieb solchen Spielzeugs mit einer erheblichen Rechtsunsicherheit belasten.

(3) Wahrung der Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse

Der "Wahrung der Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse" dient ein Gesetz nach Auffassung des BVerfG schließlich (nur) dann, wenn es um die Erhaltung der Funktionseinheit des Wirtschaftsraums durch bundeseinheitliche Rechtssetzung geht. Es muss um wirtschaftspolitisch bedrohliche oder unzumutbare Auswirkungen einer Rechtsvielfalt oder mangelnder gesetzlicher Regelung durch die Länder gehen. Hierbei ist davon auszugehen, dass wirtschaftliche Lagen im Grundsatz ebenso von den Ländern wie vom Bund reguliert werden können. Jedoch können unterschiedliche wirtschaftliche Regelungen die Verteilung der wirtschaftlichen (personellen und sachlichen) Ressourcen verzerren.[71] Eine bundesgesetzliche Regelung ist somit nur dann zur Wahrung der Wirtschaftseinheit erforderlich, wenn und soweit sie Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit des Wirtschaftsraums der Bundesrepublik ist, wenn also unterschiedliche Landesregelungen oder das Untätigbleiben der Länder erhebliche Nachteile für die Gesamtwirtschaft mit sich brächten.[72] .Auch unter diesem Gesichtspunkt scheint eine bundeseinheitliche Regelung über den Vertrieb von Kriegsspielzeug als gerechtfertigt, weil durch eine unterschiedliche Regelung über den Vertrieb von Kriegsspielzeug das Bundesgebiet als einheitlicher Wirtschaftsraum tangiert wird.[73]

(4) Ergebnis zu aa

Dementsprechend lässt sich auf der ersten Stufe feststellen, dass das JuSchuVerVerKriegsSpielG der "Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse" dient.

bb) Ist das JuSchuVerVerKriegsSpielG zur "Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse" erforderlich ?

Von der Frage, ob ein Gesetz einer der Zielvorgaben des Art. 72 Abs. 2 GG entspricht, ist die Frage zu unterscheiden, ob eine bundeseinheitliche Regelung i.S.d. Art. 72 Abs. 2 GG auch "erforderlich" ist, um diese Zielvorgaben zu erreichen. Nach Auffassung des BVerfG ist dieses "Erforderlichkeitskriterium" als Grundsatz des geringstmöglichen Eingriffs in das Gesetzgebungsrecht der Länder zu verstehen.[74] Nicht entscheidend für die "Erforderlichkeit" ist damit, ob das Gesetz als solches als sinnvoll oder notwendig erscheint. Vielmehr ist darauf abzustellen, ob - wenn der politische Wille besteht, eine bestimmte Regelung überhaupt zu treffen - gerade eine bundeseinheitliche Regelung zur Erreichung (oder Beibehaltung) der Zielvorgaben des Art. 72 Abs. 2 GG "erforderlich" ist oder ob auch durch entsprechende Länderregelungen diese Zielvorgaben erreicht werden können.[75] Der "Erforderlichkeit" steht deshalb auch nicht bereits die Möglichkeit gleich lautender Landesgesetze entgegen, denn dies würde die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes letztlich gegenstandslos machen; außerdem könnte jedes der 16 Bundesländer nach In-Kraft-Treten gleichlautender Landesgesetze aus dem eine bundesgesetzliche Regelung hindernden Konsens ausscheiden. Da sich die "Erforderlichkeit" einer bundesgesetzlichen Regelung in diesem Sinne vielfach nur aufgrund von Prognosen bestimmen lässt, räumt das BVerfG dem Bundesgesetzgeber in diesem Zusammenhang jedoch Einschätzungs- und Prognosespielräume ein. Die ordnungsgemäße Ausfüllung dieser Spielräume muss jedoch durch konkrete Tatsachen belegt werden. Auch in diesem Zusammenhang sollen reine Vermutungen und Spekulationen nicht ausreichen.[76]

Anmerkung: Hinsichtlich der Prognosekontrollmaßstäbe übernimmt das BVerfG - bis in die Nachweise - die Überlegungen von Calliess, DÖV 1997, 889, 897 f.

 

Hier lässt sich - außer durch eine abgestimmte Gesetzgebung der Länder - eine die Einheit des Wirtschaftsraums bzw. der Sicherheit des Rechtsverkehrs sicherstellende Regelung für den Vertrieb von Kriegsspielzeug nur durch eine bundesgesetzliche Regelung gewährleisten. Wenn also eine solche Regelung geschaffen werden soll, kann dies in einer Weise, die die Rechts- und Wirtschaftseinheit wahrt, von vornherein nur auf Bundesebene geschehen. Damit ist das JuSchuVerVerKriegsSpielG auch i.S.d. Art. 72 Abs. 2 GG "erforderlich".

cc) Ergebnis zu b

Damit sind auch die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG erfüllt.[77]

c) Ergebnis zu 2

Da der Bund somit auch über die Gesetzgebungskompetenz zum Erlass des JuSchuVerVerKriegsSpielG verfügte, ist das Gesetz insgesamt formell verfassungsgemäß.

3. Bestimmtheitsgebot

Allerdings ist fraglich, ob insbesondere die Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 JuSchuVerVerKriegsSpielG auch dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot entspricht. Dass es generell schwierig ist, den Begriff des Kriegsspielzeugs angemessen zu umschreiben, bedeutet allerdings nicht, dass eine bestimmte Umschreibung des Begriffs des Kriegsspielzeugs in einem Kriegsspielzeugsverbotsgesetz unmöglich wäre. Dass der Anwendungsbereich des JuSchuVerVerKriegsSpielG aufgrund der weit gefassten Definition des § 2 Abs. 1 außerordentlich groß ist und etwa auch den Betrieb von Cowboy- und Ritterfiguren umfasst, ist kein Problem der (Un-)Bestimmtheit des Gesetzes, sondern seiner Verhältnismäßigkeit.[78]

4. Materielle Verfassungsmäßigkeit

Das JuSchuVerVerKriegsSpielG müsste auch materiell verfassungsmäßig sein. Hier kommt allenfalls ein Verstoß gegen das rechtsstaatliche Verhältnismäßigkeitsprinzip in Betracht.

Anmerkung: Siehe zur Bedeutung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes diesen Hinweis.

 

Fraglich ist also, ob das JuSchuVerVerKriegsSpielG zur Erreichung der mit ihm beabsichtigten Zwecke geeignet, erforderlich und angemessen (verhältnismäßig i.e.S.) ist. (Legitimer) Zweck des Gesetzes ist, das Aggressionsverhalten von Kindern positiv zu beeinflussen.

a) Geeignetheit

Fraglich ist indes, ob das Gesetz auch geeignet ist, diesen Zweck zu fördern, da die wirklichen Auswirkungen von Kriegsspielzeug auf Kinder wissenschaftlich sehr umstritten sind. Die nach dem Sachverhalt vorliegende (real allerdings nicht existierende) - wissenschaftlich korrekt erstellte - Langzeitstudie hat jedoch einen solchen Zusammenhang bejaht, und der Bundestag hat sich im Rahmen seines Beurteilungsspielraumes dieser Meinung angeschlossen. Die Voraussetzung der Geeignetheit ist damit erfüllt.

Anmerkung: Der Gesetzgeber durfte sich nicht einfach auf sein "Gefühl" verlassen, sondern musste sich einer wissenschaftlich vertretbaren Meinung anschließen. Hier liegt der praktische Grund dafür, warum Kriegsspielzeug noch nicht verboten ist, weil es zur Zeit keine wirklich wissenschaftlich vertretbare Meinung zu dieser Frage gibt. Dass es "politisch korrekt" wäre, Kriegsspielzeug zu verbieten, beweist für sich allein nicht, dass solches Spielzeug wirklich geeignet ist, Kindern zu schaden.[79]

 

b) Erforderlichkeit

Das Gesetz erscheint auch als erforderlich, da kein milderes Mittel zur Erreichung dieses Zwecks zur Verfügung steht, das ebenso geeignet ist wie ein Verkaufsverbot, um den Vertrieb von Kriegsspielzeug im Inland zu unterbinden. Insbesondere können Appelle und - jederzeit aufhebbare - Selbstbeschränkungen des Handels den gewünschten Zweck nicht erreichen.[80]

c) Angemessenheit (Drei-Stufen-Theorie)

Fraglich ist allerdings, ob das JuSchuVerVerKriegsSpielG auch angemessen (verhältnismäßig i.e.S.) ist, ob also die Zweck-Mittel-Relation stimmt. Bei der hier gebotenen Abwägung zwischen dem von dem Gesetz verfolgten Gemeinwohlbelang und dem Interesse des Einzelnen, in dessen Rechte eingegriffen wird, ist insbesondere die im Wortlaut des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG zum Ausdruck kommende Wertung zu berücksichtigen, dass die Berufswahl grundsätzlich frei sein soll,[81] so dass Eingriffe in die Berufswahlfreiheit schwerer zu rechtfertigen sind, als Eingriffe in die bloße Berufsausübung. Insoweit hat das BVerfG folgende "Abwägungsregel" entwickelt (sog. Drei-Stufen-Theorie): Objektive Berufszulassungsregeln sind nur zur Abwehr nachweisbarer schwerer Gefahren für überragend wichtige Gemeinschaftsgüter zulässig. Subjektive Berufszulassungsregeln sind zulässig zum Schutz bedeutsamer Gemeinschaftsgüter. Reine Berufsausübungsregelungen können nur durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt werden.

Anmerkung: Ähnlich wie die Wechselwirkungslehre zu Art. 5 Abs. 1 GG (siehe hierzu den High-ist-Okay-Fall) wird man die Drei-Stufen-Theorie nicht als besondere Grundrechtsschranke zu verstehen haben, sondern letztlich als typisierte Verhältnismäßigkeitsprüfung i.e.S. Der Drei-Stufen-Theorie ist damit zu entnehmen, welchen Rang ein mit einer staatlichen Maßnahme verfolgter Zweck haben muss, um bestimmte Eingriffe in die Berufsfreiheit als angemessen, zumutbar oder verhältnismäßig i.e.S. erscheinen zu lassen.[82]

 

 

Die Spezialisierung auf die Herstellung von Kriegsspielzeug stellt nach den maßgeblichen Kriterien (besondere Ausbildung, Qualifikationsmerkmale, Berufsbild) wohl keinen eigenständigen Beruf dar: Geht es um die Herstellung billiger Massenprodukte, wird man auf die hierfür erforderliche technische Ausstattung und die Richtung der Tätigkeit abstellen müssen. Im vorliegenden Fall haben die Berliner Spielzeugwerke AG wohl Maschinen, die es erlauben, massenweise Plastik in verschiedenen Formen zu pressen. Man wird wohl auch davon ausgehen können, dass die Formen austauschbar sind, so dass man hier nicht auf einen Beruf des Kriegsspielzeugherstellers, sondern auf einen Beruf des Herstellers billiger Plastikfiguren zu Spielzwecken wird abstellen müssen.

Anmerkung: Unzutreffend ist wohl, bloß auf den Beruf des Spielzeugherstellers abzustellen, da insofern die technische Ausrüstung der verschiedenen Unternehmen viel zu verschiedenartig ist[83]: Die Berliner Spielzeugwerke AG kann sich wohl eher auf die Herstellung von Plastikschüsseln umstellen als auf die Herstellung von Holzspielzeug oder Puzzles.

 

Wird nun verboten, bestimmte Modelle von Plastikfiguren herauszubringen, so betrifft dies damit nicht das "Ob" des Berufs des Plastikfigurenherstellers, sondern bloß das "Wie". Es liegt also eine bloße Berufsausübungsregel vor, welche schon durch vernünftige Gründe des Gemeinwohl gerechtfertigt werden kann.

Anmerkung: Andere Ansichten sind insoweit ohne weiteres vertretbar, etwa wenn man darauf abstellt, dass für das Herstellen von Kriegsspielzeug auch bestimmte Kenntnisse in Bezug auf Uniformen, Waffengattungen etc. notwendig sind.

 

Das Gesetz soll hier Schäden für die kindliche Entwicklung abwenden. Die gesunde Entwicklung von Kindern ist ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut, was insbesondere durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG verdeutlicht wird. Unterstellt man entsprechend dem Sachverhalt, dass ein Kriegsspielzeugverkaufsverbot geeignet ist, Schäden für die kindliche Entwicklung abzuwenden, erscheint somit der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Kriegsspielzeughersteller (und Kriegsspielzeugverkäufer) nicht als unangemessen. Dies gilt um so mehr, als den Interessen der Kriegsspielzeughersteller dadurch Rechnung getragen wird, dass § 4 und § 5 JuSchuVerVerKriegsSpielG lange Übergangsfristen gewähren: Aufgrund der Verzögerung des In-Kraft-Tretens des Gesetzes in § 5 JuSchuVerVerKriegsSpielG bleiben noch 5 Jahre Zeit, sich umzustellen. Die bis dahin hergestellten Kriegsspielzeuge dürfen dann noch 5 weitere Jahre lang vertrieben werden, was möglich machen sollte, die Lagerbestände zu räumen.

d) Ergebnis zu 4

Das JuSchuVerVerKriegsSpielG ist somit als verhältnismäßig anzusehen und damit insgesamt materiell verfassungsmäßig.

5. Ergebnis zu III

Der Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG ist damit verfassungsrechtlich gerechtfertigt.

IV. Ergebnis zu B

Das JuSchuVerVerKriegsSpielG greift demnach in verfassungsrechtlich zulässiger Weise in die Berufsfreiheit der Berliner Spielzeugwerke AG ein und verletzt demnach nicht deren Grundrechte. Die Verfassungsbeschwerde ist somit unbegründet.

C) Gesamtergebnis

Die Verfassungsbeschwerde der Berliner Spielzeugwerke AG ist zwar zulässig, aber unbegründet und hat damit keine Aussicht auf Erfolg. Ob das JuSchuVerVerKriegsSpielG auch mit Unionsrecht vereinbar ist, ist damit aber noch nicht geklärt (und konnte im Verfassungsbeschwerdeverfahren nach Auffassung des BVerfG auch nicht geklärt werden).

 

Zur Vertiefung:

 


[1] BVerfGE 4, 7, 17.

[2] BVerfGE 30, 292, 334 f.; BVerfGE 84, 133, 157; BVerfGE 88, 366, 377.

[3] Vgl. BVerwG, 7 C 34.77 v. 27.5.1981 = BVerwGE 62, 224, 226.

[4] So aber BGHZ 92, 34, 37; BVerwG, 7 C 34.77 v. 27.5.1981 = BVerwGE 62, 224, 226; BVerwGE 62, 224, 226.

[5] BVerfGE 51, 193, 221 f.; BVerfGE 58, 300, 353; BVerfGE 74, 129, 148.

[6] BVerfGE 77, 84, 118; Bryde, in: von Münch/Kunig, Art. 14 Rn. 18 ff.; a.A. etwa Papier, in: Maunz/Dürig, Art. 14 Rn. 95 ff. [Bearbeitung 2010].

[7] Wie hier von Münch, NJW 1982, 2644, 2647.

[8] BVerfGE 21, 261, 266; BVerfGE 50, 290, 363; BVerfG, 1 BvR 2983/10 v. 16.7.2012, Abs. 14 = NVwZ 2012, 1535, 1536.

[9] Vgl. zum Folgenden auch Lüdemann/Hermstrüwer, JuS 2012, 57, 58 f.

[10] BVerfGE 6, 273, 278; BVerfGE 78, 350, 354.

[11] BVerfGE 24, 33, 53 f.; BVerfG, 1 BvR 1712/01 v. 7.10.2003, Abs. 65 = BVerfGE 108, 370, 385.

[12] Kingreen, JZ 2013, 801, 808; ausführlich hierzu [mit abweichender Meinung] Griebel, DVBl 2014, 204 ff.).

[13] seit EuGH, Rs. 6/64 v. 15.7.1964, Slg. 1964, 1251, 1269 f. - Costa/E.N.E.L.).

[14] grundlegend: EuGH, Rs. 106/77 v. 6.3.1978, Abs. 17 -  Simmentahl II.

[15] sog. "Anwendungsvorrang des Europäischen Unionsrechts": Oppermann/Classen/Nettesheim, § 10 Rn. 32 ff.; Schöbener JA 2011, 885, 888 f.).

[16] EuGH, Rs. 11/70 v. 17.12.1970, Abs. 3 f. - Internationale Handelsgesellschaft; EuGH, Rs. C-409/06 v. 8.9.2010, Abs. 60 f. - Winner Wetten-GmbH; EuGH, Rs. C-399/11 v. 26.2.2013, Abs. 59 - Melloni.

[17] wie hier Frenz, DVBl. 2015, 978.

[18] BVerfG, 2 BvR 2728/13 u.a. v. 14.1.2014, Abs. 22 ff. und Abs. 44 ff. = BVerfGE 134, 366, 382 ff. und 394 ff.).

[19] (EuGH, Rs. C-62/14 v. 16.6.2015, Abs. 16 - Gauweiler).

[20] vgl. Herrmann/Dornacher, EuZW 2015, 579, 582; s. ferner auch die Kritik am OMT-Vorlagebeschluss von Heun, JZ 2014, 331; Mayer, EuR 2014, 473, 489 ff.).

[21] deutlich F. Kirchhof, NVwZ 2014, 1537, 1538.

[22] EuGH, Rs. C-617/10 v. 26.2.2013, Abs. 29 – Fransson; de Boer, CML Rev. 50 [2013], 1083, 1096; Calliess, JRP 23 [2015], 17, 32 ff.; Dannecker, JZ 2013, 616, 618;  Frenzel, Der Staat 53 [2014], 1, 12 ff.; Hancox, CML Rev. 50 [2013], 1411, 1428; Kingreen, JZ 2013, 801, 807; Ritleng, RTDeur 2013, 267, 282 ff.; Sarmiento, CMLRev. 50 [2013], 1267, 1294 ff.; Weiß, EuZW 2013, 287, 290.

[23] EuGH, Rs. C-399/11 v. 26.2.2013, Abs. 60 - Melloni; hierzu Besselink, E.L. Rev. 39 [2014], 531 ff.; Bockel/Wattel, E.L. Rev. 38 [2013], 866, 878 f.; de Boer, CML Rev. 50 [2013], 1083, 1092 ff.; Dubout, CdE 49 [2013], 293, 308 ff.; Hwang, EuR 2014, 400, 410 ff.; Kingreen, JZ 2013, 801, 806 f.; Ritleng, RTDeur 2013, 267, 280 ff.; Sarmiento, CMLRev. 50 [2013], 1267, 1289 ff.; Streinz, in: Festschrift für Manfred A. Dauses, 2014, S. 429, 439; Thym, NVwZ 2013, 889, 892.

[24] in diese Richtung auch de Boer, CML Rev. 50 [2013], 1083, 1096 f.; Britz, EuGRZ 2015, 275, 277.

[25] BVerfGE 89, 155, 174 f.

[26] BVerfG, 2 BvE 2/08 u. a. v. 30. 6. 2009, Abs. 337 f. = BVerfGE 123, 267, 399.

[27] BVerfG, 1 BvR 1916/09 v. 19.7.2011, Rn. 53 = BVerfGE 129, 78, 90; BVerfG, 1 BvL 3/08 v. 4.10.2011 Abs. 46 = BVerfGE 129, 186, 199.

[28] BVerfGE 22, 293, 297 ff.; BVerfGE 37, 271, 283 ff. [Solange I]; BVerfGE 58, 1, 27 [Eurocontrol I]; BVerfGE 73, 339, 387 [Solange II]).

[29] zusammenfassend hierzu Polzin, JuS 2012, 1, 2 ff.; Schöbener JA 2011, 885, 889 f.

[30] BVerfGE 89, 155, 175; BVerfG, 2 BvL 1/ 97 v. 7.6.2000, Abs. 57 ff. = BVerfGE 102, 147, 162 ff.; BVerfG, 1 BvF 1/05 v. 3.3.2007, Abs. 66 ff. = BVerfG, 118, 79, 95 f.; BVerfG, 2 BvE 2/08 u. a. v. 30.6.2009, Abs. 190 ff. = BVerfGE 123, 267, 334 f.; BVerfG, 1 BvL 3/08 v. 4.10.2011 Abs. 46 = BVerfGE 129, 186, 199.

[31] vgl. BVerfG, 1 BvF v. 13. 3. 2007, Abs. 68 f. = BVerfGE 118, 79, 95 f.; BVerfG, 1 BvR 256, 263, 586/08 v. 2. 3. 2010, Abs. 180 ff. = BVerfGE 125, 260, 306 f.; BVerfG, 1 BvL 3/08 v. 4.10.2011, Abs. 46 = BVerfGE 129, 186, 199; Kingreen, JZ 2013, 801, 808).

[32] BVerfG, 1 BvR 1916/09 v. 19. 7. 2011, Abs. 89 = BVerfGE 129, 78, 102 f.

[33] BVerfG, 1 BvR 1916/09 v. 19. 7. 2011, Abs. 88 ff. = BVerfGE 129, 78, 103.

[34] BVerfG, 1 BvR 256, 263, 586/08 v. 2. 3. 2010, Abs. 182 = BVerfGE 125, 260, 306 f.

[35] vgl. BVerfG, 1 BvR 1778/01 v. 16.3.2004, Abs. 58 = BVerfGE 110, 141, 155 f.; ebenso Wollenschläger, EuZW 2014, 577, 580.

[36] BVerfG, 1 BvR 1215/07 v. 24.4.2013, Abs. 88 ff. = BVerfGE 133, 277, 313 ff.

[37] vgl. Epiney, CdE 50 [2014], 283, 298 ff.; Kingreen, JZ 2013, 801, 802 f.; Hwang, EuR 2014, 400, 405; Ohler, NVwZ 2013, 1433, 1436 f.; Thym, NVwZ 2013, 889, 892; ; ders., JZ 2015, 53, 54 ff.; sehr deutlich auch die Richterin am BVerfG Britz, EuGRZ 2015, 275, 276 [die an der Antiterrordatei-Entscheidung mitgewirkt hat].

[38] deutlich insoweit Gärditz, JZ 2013, 633, 636; Griebel, DVBl 2014, 204, 208.

[39] vgl. insoweit die Erläuterungen dder Richter am BVerfG Britz [EuGRZ 2015, 275 ff.] und Masing [JZ 2015, 477, 485 ff.], die an der Antiterror-Datei-Entscheidung mitgewirkt haben.

[40] so aber deutlich EuGH, Rs. C-617/10 v. 26.2.2013, Abs. 16 ff. Fransson; ebenso EuGH, Rs. C-206/13 v. 6.3.2014, Abs. 20 ff. - Siragusa]; EuGH, Rs. C-314/12 v. 27.3.2014, Abs. 42 ff. - UPC Telekabel Wien GmbH; EuGH, Rs. C-390/12 v. 30.4.2014, Abs. 31 ff. - Pfleger.

[41] EuGH. Rs. C-198/13 v. 10.7.2014, Abs. 36 - Hernández; hierzu Fontanelli, E.L.Rev. 39 [2014], 682, 691 ff.

[42] vgl. Masing, JZ 2015, 477, 483; Pötters, EuZW 2014, 798 ff.

[43] s. zur Problematik der hierdurch begründeten Inländerdiskriminierung nur Oppermann/Classen/Nettesheim, § 22 Rn. 13 ff.

[44] s. hierzu z. B. m. w. N. EuGH, Rs. C 2/08 v. 3.9.2009, Abs. 22 ff. - Fallimento Olimpiclub; Germelmann, EuR 2010, 538 ff.; Kremer, EuR 2007, 470 ff.; Poelzig, JZ 2007, 858 ff.; ders., EuZW 2009, 741 ff.; Schmahl/Köber, EuZW 2010, 927 ff.

[45] hierzu allgemein Peters/Markus, JuS 2013, 887 ff.

[46] Sperlich, in: Umbach/Clemens/Dollinger, § 90 Rn. 127.

[47] BVerfGE 69, 122, 124 ff.; BVerfG, 1 BvR 1502/08 v. 4. 5. 2011, Abs. 48 f. = NVwZ 2011, 991.

[48] Vgl. zum Folgenden in einem vergleichbaren Fall: Lüdemann/Hermstrüwer, JuS 2012, 57, 59.

[49] BVerwG, 8 C 38/09 v. 28.1.2010, Abs. 32 ff. = BVerwGE 136, 75 Abs. 32 ff.

[50] Deutlich Ehlers, in: Schoch/Schneider/Bier, § 40 Rn. 145.

[51] Oppermann/Classen/Nettesheim, § 13 Rn. 73 f.

[52] BVerfG, 1 BvR 1778/01 v. 16.3.2004, Abs. 58 = BVerfGE 110, 141, 155 f.

[53] BVerfG, 1 BvL 4/00 v. 11.7.2006, Abs. 22 = BVerfGE 116, 202,  214 f.; BVerfG, 1 BvL 3/08 v. 4. 10. 2011, Abs. 55 ff. = BVerfGE 129, 186, 202 ff.

[54] Brauner/Stollmann/Weiß, Fälle und Lösungen zum Staatsrecht, 7. Aufl. 2003, S. 109; Lüdemann/Hermstrüwer, JuS 2012, 57, 60.

[55] BVerfG, 1 BvR 1778/01 v. 16.3.2004, Abs. 55, 58 = BVerfGE 110, 141, 153 f.

[56] Vgl. hierzu Benda/Klein, Rn. 477 ff.

[57] Zur "Aufwertung" der EMRK als indirekter Prüfungsmaßstab im Verfassungsbeschwerdeverfahren z. B. Saurer, Staatsrecht III, 2. Aufl. 2013, § 7 Rn. 12 ff.; Schlaich/Korioth, Rn. 365 ff. m. w. N.

[58] BVerfGE 7, 377, 401 ff.

[59] Pieroth/Schlink, Rn. 877.

[60] Siehe hierzu von Münch, NJW 1982, 2644, 2645.

[61] BVerfG, 2 BvF 1/01 v. 24.10.2002, Abs. 286 ff. = BVerfGE 106, 62, 135 ff.; dem folgend BVerfG, 2 BvF 2/02 v. 27.7.2004, Abs. 97 ff. = BVerfGE 111, 226, 253.

[62] Vgl. nur Degenhart, in: Sachs, Art. 72 Rn. 10 ff.

[63] Kunig, in: von Münch/Kunig, Art. 72 Rn. 27; Lechleitner, Jura 2004, 746, 750.

[64] BVerfG, 2 BvF 1/01 v. 24.10.2002, Abs. 335 ff = BVerfGE 106, 62, 148 f.; BVerfG, 2 BvF 2/02 v. 27.7.2004, Abs. 97 = BVerfGE 111, 226, 253; hierzu instruktiv Faßbender, JZ 2003, 332, 334 ff.; Lechleitner, Jura 2004, 746, 748.

[65] BVerfG, 2 BvF 1/01 v. 24.10.2002, Abs. 335 ff. = BVerfGE 106, 62, 148.

[66] BVerfG, 2 BvF 1/01 v. 24.10.2002, Abs. 337 = BVerfGE 106, 62, 149.

[67] BVerfG, 2 BvF 1/01 v. 24.10.2002, Abs. 318 ff. = BVerfGE 106, 62, 143 f.; BVerfG, 2 BvF 2/02 v. 27.7.2004, Abs. 98 = BVerfGE 111, 226, 253.

[68] BVerfG, 2 BvF 1/01 v. 24.10.2002, Abs. 322, 349 ff. = BVerfGE 106, 62, 144, 148 f.; BVerfG, 2 BvF 2/02 v. 27.7.2004, Abs. 102 = BVerfGE 111, 226, 255; Kenntner, NVwZ 2003, 821, 823.

[69] BVerfG, 2 BvF 1/01 v. 24.10.2002, Abs. 324 ff. = BVerfGE 106, 62, 145 f.; BVerfG, 2 BvF 2/02 v. 27.7.2004, Abs. 99 = BVerfGE 111, 226, 253.

[70] BVerfG, 1 BvL 21/12 v. 17.12.2014, Abs. 109 = NJW 2015, 303, Abs. 109.

[71] BVerfG, 2 BvF 1/01 v. 24.10.2002, Abs. 327 ff. = BVerfGE 106, 62, 146 f.; BVerfG, 2 BvF 2/02 v. 27.7.2004, Abs. 100 = BVerfGE 111, 226, 253.

[72] BVerfG, 1 BvL 21/12 v. 17.12.2014, Abs. 109 = NJW 2015, 303, Abs. 109.

[73] vgl. das Beispiel bei Lechleitner, Jura 2004, 746, 749.

[74] BVerfG, 2 BvF 1/01 v. 24.10.2002, Abs. 338 ff. = BVerfGE 106, 62, 149; BVerfG, 2 BvF 2/02 v. 27.7.2004, Abs. 101 f. = BVerfGE 111, 226, 254 f.; Kenntner, NVwZ 2003, 821, 823 f.

[75] Deutlich Lechleitner, Jura 2004, 746, 749.

[76] BVerfG, 2 BvF 1/01 v. 24.10.2002, Abs. 341 ff. = BVerfGE 106, 62, 150 ff.; Kenntner, NVwZ 2003, 821, 823.

[77] So im Ergebnis auch Brauner/Stollmann/Weiß, Fälle und Lösungen zum Staatsrecht, 7. Aufl. 2003, S. 110.

[78] So Küschner/Walther, NJW 1983, 2182, 2183 [gegen von Münch, NJW 1982, 2644, 2647 f.].

[79] Siehe hierzu von Münch, NJW 1982, 2644, 2646; Küschner/Walther, NJW 1983, 2182.

[80] Küschner/Walther, NJW 1983, 2182, 2183; a.A. von Münch, NJW 1982, 2644, 2647.

[81] BVerfG, 1 BvR 596/56 v. 11.6.1958, Abs. 75 ff. = BVerfGE 7, 377, 406.

[82] In diese Richtung auch Stern III/2, S. 801 f.; wie hier mit ausführlicher Begründung J. Ipsen, JuS 1990, 634 ff.

[83] Anders wohl Brauner/Stollmann/Weiß, Fälle und Lösungen zum Staatsrecht, 7. Aufl. 2003, S. 112.

© Klaus Grupp (Universität des Saarlandes), Ulrich Stelkens (Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer)

Bearbeitung für Hauptstadtfälle: Jan-Peter Wiepert

Stand der Bearbeitung: Juni 2015


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